Mann mit Taschentüchern

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Warum „echte“ Kerle leichter krank werden als Frauen

Von wegen starkes Geschlecht: Wenn Erkältung oder Grippe drohen, wirken Männer gerne mal weinerlich und ängstlich. So zumindest sagen manche. Forscher erklären jetzt: Die Sorgen der Männer sind nicht ganz unbegründet.

„Männer haben’s schwer, nehmen’s leicht“, sang Herbert Grönemeyer in den Achtzigerjahren und landete einen großen Hit. Doch viele Frauen, die einen Mann mit drohender Erkältung zu Hause haben, erleben eher einen jammernden als einen starken Kerl - sagen sie zumindest. So hält sich hartnäckig das Klischee vom Mann, der bei einer kribbeligen Nase und leichtem Halskratzen gleich schwere Qualen erleidet.
Könnte am Klischee wissenschaftlich etwas dran sein? Werden Männer tatsächlich leichter oder stärker von Erkältungs- und Grippeviren angegriffen als Frauen?

Männer können wirklich häufiger krank werden

Wer solchen Fragen nachgeht, landet bei Beatrix Grubeck-Loebenstein. Die Immunologin von der Universität Innsbruck untersucht seit Langem, wie sich die Immunsysteme von Frauen und Männern unterscheiden. „Grob vereinfacht lässt sich feststellen, dass Männer durch die Unterschiede in der Immunantwort häufiger krank werden können als Frauen“, sagt die Immunologin.

Husten
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Immunsystem von Frauen reagiert schneller und aggressiver gegen Krankheitserreger

Dringen Krankheitserreger in den Körper ein, werden sie durch körpereigene Immunzellen bekämpft. Es gibt im Körper - egal ob Frau oder Mann - eine Vielzahl an spezifischen Immunzellen, die jeweils bestimmte Viren bekämpfen. Die Vielfalt der spezifischen Immunzellen hat jedoch einen Haken: Von diesen Experten gibt es im Körper jeweils nur eine geringe Menge.

Um eindringende Krankheitserreger tatsächlich besiegen zu können, müssen sie sich millionenfach vermehren. Während das weibliche Hormon Östrogen die Vermehrung der spezifischen Immunzellen unterstützt, wirkt sich das männliche Hormon Testosteron genau gegenteilig aus. „Östrogen stimuliert das Immunsystem, Testosteron hingegen unterdrückt es. Das Immunsystem von Frauen reagiert deshalb schneller und aggressiver gegen Krankheitserreger als das von Männern“, erklärt Marcus Altfeld vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg. Hinzu kommt: Je höher der Testosteron-Spiegel ist, desto mehr wird das männliche Immunsystem geschwächt. „Echte“ Kerle trifft es also noch härter.

„Der Effekt des durch Östrogen gestärkten Immunsystems ist bei jungen Frauen ab der Pubertät besonders ausgeprägt und wird bei Frauen nach der Menopause schwächer“, erklärt Grubeck-Loebenstein.

Anderer wichtiger Faktor: Männer leben ungesünder

Das schnelle krank werden allein auf die Gene zu schieben, ist allerdings falsch. „Auch weitere Faktoren spielen eine Rolle, die sich stärker auf das Verhalten und die Umwelt beziehen. Männer leben immer noch risikoreicher, sie ernähren sich ungesünder und sie lassen sich weniger diszipliniert impfen“, sagt Grubeck-Loebenstein. Kurzum: Gänzlich können sich Männer also nicht auf die Natur berufen - sie haben ihr Schicksal zumindest teilweise selbst in der Hand.

(dpa/Jana Petrik)