Stefan Ruzowitzky über „Das Radikal Böse“

Wie wird man böse? Wie werden aus ganz normalen Menschen Massenmörder? Wie kann es dazu kommen, dass 18-jährige Burschen eine Waffe in die Hand nehmen und Frauen und Kinder erschießen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der neue Film von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky.

Ö3-Wecker mit Benny Hörtnagl, 3. Jänner 2014

„Das Radikal Böse“ untersucht die schrecklichen Massaker, die Soldaten im zweiten Weltkrieg unter der jüdischen Zivilbevölkerung angerichtet haben. Er nimmt diese Gräueltaten aber nur als Beispiel und will zeigen, dass jeder von uns aufpassen muss, nicht „böse“ zu werden. Im Interview mit Ö3-Reporterin Judith Krieger sagt Stefan Ruzowitzky: „Das ist eigentlich nur ein Beispiel. Und dass man sieht, wie wichtig es ist, Zivilcourage zu besitzen und dass man nicht immer mit der Menge mitläuft. Das ist ja heute genauso ein Thema, wie es das vor 70 Jahren war.“

Nachhören: Ö3-Interview mit Stefan Ruzowitzky

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Stefan Ruzowitzky bei den Dreharbeiten zu "Das Radikal Böse"

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Für den Film hat er sich auf Tagebuchaufzeichnungen und Briefe der jungen Soldaten gestützt.

„Da kann man noch sagen, aus Dummheit sind sie dabei bei einem ersten Massaker. Danach sind sie traumatisiert, und die einen saufen sich nieder, die anderen haben Weinkrämpfe - verschiedenste traumatische Reaktionen. Und da versteht man sie natürlich voll und ganz“, so Ruzowitzky.

Filmplakat von "Das Radikal Böse"

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Ab 17. Jänner im Kino.

Morden wird zur täglichen Routine

Aber allmählich kommt es zum Bruch. Die jungen Burschen gewöhnen sich dran:

„Dann wird dieses Morden zu einer täglichen Routine. Und da gab’s ja dann wirklich Einheiten, die Tag für Tag in ein Dorf gegangen sind, alle Juden rausgepickt haben, umgebracht und am nächsten Tag war das nächste Dorf dran. Und danach gab’s Kameradschaftsfeiern.“

In dem Film kommen zahlreiche Experten, Psychologen und Psychoanalytiker zu Wort. Anhand von wissenschaftlichen Experimenten wird gezeigt, wie sich Menschen in Gruppen verhalten und gegenüber Autoritäten.

„Also am ehesten ist noch die Erklärung dafür, dass, wenn man einmal diese Schwelle überschritten hat und ein Verbrechen begangen hat, dass man dann, um sich vor sich selbst zu rechtfertigen-, sich einreden muss: ‚Das war gut, was ich da gemacht habe. Das sind minderwertige Menschen.‘ Weil ich mir sonst eingestehen müsste, dass ich ein gemeiner Mörder bin.“

Szenenbild aus "Das Radikal Böse"

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„Völkermorde beginnen immer mit Rassismus“

Und so geht es Stefan Ruzowitzky mit das „Radikal Böse“ nicht darum, einen abgeschlossenen Teil unserer Geschichte zu zeigen, sondern um Möglichkeiten für die Zukunft: „Völkermorde beginnen immer mit Rassismus. Also mit der Idee, dass eine Gruppe weniger wert ist. Dass man sagt, die Roma oder die Türken oder die Moslems sind weniger wert.“