Jamala

Screenshot Facebook/ Jamala

Mit Blut und Politik zum Erfolg

Politik? Provokation? Pop? „Sie töten Euch alle“ lautet eine Textzeile des ukrainischen Gewinnerliedes des Eurovision Song Contests in Stockholm.

Während andere Interpreten über Liebe und Lust singen, präsentiert die Krimtatarin Jamala das Leid ihrer Urgroßmutter: „1944“ handelt vom Schicksal hunderttausender Krimtataren, die unter Sowjet-Diktator Josef Stalin nach Zentralasien deportiert wurden. Und es hat auch mit Jamalas eigener Lebensgeschichte zu tun.

Unter ihrem bürgerlichen Namen Susana Jamaladinowa wurde sie am 27. August 1983 im zentralasiatischem Kirgistan geboren. Nach dem Ende der Sowjetunion kehrte sie mit ihrer Familie auf die Krim zurück - die Heimat ihres Vaters. Noch heute leben ihr Vater und ihre armenische Mutter auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel. Den Erfolg der Tochter beobachten die Eltern nur aus der Ferne: Denn das letzte Mal habe sie die Familie 2014 besucht, sagt Jamala in einem Interview.

Kritik aus Russland am ukrainischen Siegerlied

Dass die Ukrainerin Jamala mit einem melancholischen Lied Russland den sichergeglaubten ESC-Sieg in der letzten Sekunde entreißen konnte, sorgt für Entsetzen in Moskau.
Russische Abgeordnete haben den Sieg der ukrainischen Sängerin Jamala („1944“) beim 61. Eurovision Song Contest als politisch motiviert kritisiert. Das Siegerlied über die Vertreibung der Tataren sei kein Beitrag zum gesamteuropäischen Kulturdialog, dem sich der Wettbewerb verschrieben habe, sagte der Außenpolitiker Alexej Puschkow. Der ESC verwandle sich in ein politisches Schlachtfeld.

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Was sagen ukrainische Politiker?

Auch weil die Ukraine sich 2015 wegen des Konflikts eine Teilnahme finanziell nicht leisten konnte, feiern ihre Politiker den Sieg als Triumph über Moskau. Präsident Petro Poroschenko war einer der ersten, der Jamala zu ihrem Sieg gratulierte. „Die ganze Ukraine dankt dir von Herzen, Jamala!“, twitterte der Staatschef. Außenminister Pawel Klimkin lieferte neben Glückwünsche auch noch eine politische Ansage: „Die Wahrheit gewinnt immer, wie Jamala und die Ukraine heute Nacht. ... Und nicht vergessen, die Krim gehört zur Ukraine.“

Erinnerungen

Jamala sang schon als kleines Kind im Chor, in Kiew absolvierte sie eine Ausbildung zur Opernsängerin. 2009 wurde sie bei einem Gesangswettbewerb in Lettland entdeckt, danach startet sie ihre Karriere in der Ukraine. Schon 2011 wollte sie für ihr Land in Düsseldorf noch mit einem weniger politischen Lied antreten, wurde bei der Vorausscheidung Dritte. Mit Jazz-Nummern war Jamala in den ukrainischen Charts vertreten. Ihre Inspirationsquelle für Stockholm? „Ich habe mich mit dem Soundtrack von Schindlers Liste auf den ESC vorbereitet“, erzählt sie.

Wie die ukrainische ESC-Gewinnerin Ruslana von 2004 ist auch Jamala politisch aktiv. Deshalb habe ihr Siegerlied natürlich eine Mission, sagt die Sängerin nach ihrem Triumph in Stockholm: „Wer über die Wahrheit singt, kann Menschen berühren.“

(apa/dpa/ Anastasia Lopez)