Flucht und Spiele

Teamrefugees/Screenshot

Erstmals tritt in Rio ein Flüchtlingsteam an

Sie sind im Mittelmeer um ihr Leben geschwommen oder als Kind vor blutigen Kämpfen im Kongo geflohen: Wäre Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu trotzen eine olympische Disziplin, dann hätten diese Athleten wohl beste Chancen auf Gold - die Mitglieder des ersten Flüchtlingsteams der Olympia-Geschichte, das vom 5. bis 21. August in Rio de Janeiro antritt.

Für sie sei es eine „absolute Ehre, hier zu sein“, sagt die 18-Jährige. Vor nicht mal einem Jahr war daran nicht zu denken. Damals wagte sie die gefährliche Flucht Richtung Europa über das Mittelmeer.

Ums Leben geschwommen

Vor der griechischen Insel Lesbos versagte der Motor ihres völlig überladenen Bootes, das langsam voll Wasser lief. Mardini und ihre Schwester sprangen kurzerhand ins Meer und griffen ein Seil, schwammen dreieinhalb Stunden gegen den rauen Seegang an und zogen das Boot schließlich in Sicherheit.

Bei den Olympischen Spielen tritt Mardini im Schwimmwettbewerb an und will dabei nicht nur ihr Geburtsland repräsentieren, sondern auch das Olympische Komitee und ihre neue Heimat Deutschland. „Sie haben mir all die Unterstützung gegeben, um das zu ermöglichen.“

Große Emotionen

Aus Syrien kommt auch Rami Anis. Er floh 2011, als er in die Armee eingezogen werden sollte. „Natürlich sind wir traurig wegen der Kriege in unseren Ländern“, erzählt er in Rio. Aber die Flüchtlingsmannschaft sei ein Team, das „nicht verzweifelt“. „Wir haben einen eisernen Willen“.

Flucht und Spiele

Doch dass viele Flüchtlinge ihr Schicksal nie ganz loslässt, zeigt der 24-jährige Judoka Popole Misenga. Als er gefragt wird, welche Botschaft er mit seiner Olympia-Teilnahme aussenden wolle, bricht er in Tränen aus.

Er war gerade einmal neun Jahre alt, als er auf der Flucht vor Kämpfen in Kisangani in der Demokratischen Republik Kongo von seiner Familie getrennt wurde. Acht Tage lang versteckte er sich im Dschungel, bis er gerettet wurde und in einem Zentrum für vertriebene Kinder in Kinshasa Zuflucht fand.

„Ich habe zwei Brüder, die ich seit Jahren nicht gesehen habe“, berichtet Misenga, der inzwischen in Brasilien lebt und fügt hinzu: „Ich erinnere mich nicht mehr an ihre Gesichter“. Er nehme auch deshalb an den Spielen in Rio teil, „damit ich sie eines Tages hierher bringen kann, um mit ihnen in Brasilien zu leben“.

Symbol der Hoffnung

Dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zufolge sollen die zehn nominierten Athleten ein „Symbol der Hoffnung“ für die Flüchtlinge weltweit sein und Aufmerksamkeit auf das Ausmaß der Flüchtlingskrise lenken. Die Flüchtlinge starten bei den Spielen in Rio unter der olympischen Flagge. Trainer und Betreuer stellt das IOC. Die zehn Mitglieder kommen neben Syrien und dem Kongo aus Äthiopien und dem Südsudan.

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Ob die Flüchtlinge in Rio auch auf dem Siegertreppchen landen können, ist laut Misengas Trainer Geraldo Bernardes völlig unerheblich: „Die Menschen fragen mich, ob sie eine Medaille gewinnen können. Ich sage dann, sie haben ihre Medaillen schon gewonnen, indem sie es bis nach Rio geschafft haben.“

(dpa/ Anastasia Lopez)