Olympischen Ringe in Rio

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Rio-Blog: Praktikant Deniz berichtet - Woche 1

ER hat den unglaublichsten Ferialjob des Sommers: Deniz Onaral ist Praktikant im Österreich-Haus bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro.

Der 20-jährige Kärntner hat sich gegen zahlreiche Bewerber für den begehrten Sommerjob durchgesetzt und wird nun täglich seine Eindrücke aus der Olympia-Stadt in einem Blog schildern.

Tag 1: Anreise

Meine Reise zu den Olympischen Spielen nach Rio begann mit dem frühen Aufstehen um 5.00 Uhr morgens. Ich war schon so aufgeregt und konnte deshalb nichts essen. Um 7.00 Uhr musste ich bereits in meinem neuen, roten Olympiaputfit am Flughafen Wien/Schwechat sein. Dort habe ich nach weiteren „Rot-Gekleideten“ gesucht und auch rasch gefunden. Beim Einchecken habe ich zu meinen zwei Gepäckstücken noch ein Keyboard aufs Auge gedrückt bekommen, das nicht leicht war.

Um 9.45 Uhr sind wir dann Richtung Zürich gestartet. Dort sind noch Teams aus der Schweiz und Belgien dazu gekommen. Kurz vor dem Abflug in Zürich teilte unser Kapitän mit, dass die Schweizer und Belgier zu viel Schokoladen an Board haben und wir eine Zwischenlandung in Teneriffa mit einstündiger Pause einlegen müssen. Voll getankt flogen wir dann weitere sechs Stunden in Richtung Rio.

Dort angekommen sind wir unsere Pässe losgeworden, da die Behörden dachten, wir seien Sportler und daher wollten sie uns eine Akkreditierung ausstellen. Ein bisschen Nervosität machte sich breit, doch nach 20-minütiger Suche haben wir unsere Pässe wieder bekommen. Nachdem wir das ganze Gepäck aufgeladen hatten, mussten wir noch durch den „Zoll“, doch die Burschen die da gearbeitet haben, waren ganz gechillt und haben uns trotz voller Beladung durchgelassen.

Nach einer holprigen Fahrt sind wir in unserem Hostel angekommen und ich bin todmüde ins Bett gefallen. Aber vorher hab ich noch einen Moskito-Check gemacht, denn sicher ist sicher.

Das Österreich Haus in Rio de Janeiro

ÖOC

Tag 2: Das Österreich-Haus

Wir haben uns einen Location Check erlaubt:
Zuerst gab es ein typisch brasilianisches Mittagessen in der Kantine vom 1. Liga Fußballclub Botafogo. Danach sind wir ins gegenüberliegende „Rio Sul“ gegangen, einem vielbesuchten Einkaufszentrum in Brasilien. Die Kletterwand des Österreich-Hauses steht dort auch schon fast.

Für mich erstaunlich war, wie viel Angestellte pro Geschäft im Rio Sul arbeiten. In den Handyshops schaut es aus wie beim Standesamt: Pärchen sitzen an Tischen zusammen, um ihren Handyvertrag abzuschließen. In den Bettengeschäften arbeiten Leute in weißen „Doktormänteln“. Eine Kugel „Häagen Dazs“-Eis kostet fast so viel wie eine Jeans, ein sehr eigenartiges Preisverhältnis.

Die erste Kokosnuss an der Copacabana hat super lecker geschmeckt und nein, sie war nicht braun! Die Wellen waren mega hoch, daher Schwimmverbot. Vor der gesamten Küste Rios (und nicht nur an der Promenade, sogar im Wasser bei diesem Wellengang) gab es ein sehr hohes Militäraufgebot. Man fühlt sich gut beschützt.

Kokosnuss

Privat/Deniz Onaral

Entlang der Copacabana haben wir auch das riesige Beachvolleyball-Stadion besichtigt. Dort an der Strandpromenade hat „Ronaldinho“ seinen Ball gedribbelt und die Leute standen Schlange, um in den Rio 2016 Olympia Shop reinzukommen.

Am Abend gab es ein erstes gemeinsames Churrascaria-Abendessen mit dem Host Team in einem typisch brasilianischen Rodisio in Botafogo. Da ich die Tourismus Schule in Kärnten absolviert habe, hat mich das kalte Buffet sehr überrascht. Es gab eine große Sushi-Auswahl, sowie auch Käse-Variationen aus Italien und Brot aus Frankreich wie Croissants - das war ein lustiger Anblick. Als dann die Getränkebestellung aufgenommen wurde, hat sich Österreich-Haus Managerin Barbara Prommegger, bekennende Weinkennering, zu ihrem Picanha einen Rotwein bestellt - leider gab es nur eine 0,375 Liter Flasche im ganzen Restaurant.

Tag 3: Tier-Überfall

Um 4.00 Uhr früh bin ich aufgewacht, da es an meinem ganzen Körper anfing zu krabbeln - eine Ameisen-Invasion hatte mich überfallen. Doch die Nacht ging dann auch sehr turbulent weiter, da mein Zimmernachbar Matthias sehr viele Transfers vom Flughafen organisieren musste und sein Handy im 10-Minutentakt klingelte. (In dieser Nacht sind übrigens auch die Segler angekommen.)

Als ich dann das Fenster aufgemacht habe, wäre fast ein Affe in mein Zimmer gesprungen. Die Vögel hier sehen aus wie Drachen und fliegen locker 400-700 Meter, weit höher als die meisten Vögel in Österreich. Möwen gibt´s hier irgendwie keine.

Wir wohnen einen kurzen Fußmarsch vom Österreich-Haus entfernt und auf dem Weg dahin hat man gemerkt, dass das neue Gesetz, Leute über den Zebrastreifen zu lassen, sehr gut funktioniert (fast so wie in Österreich). Auf unserer Straße war sehr viel los, weshalb ein Taxifahrer seine Hand rausgestreckt und einfach den Verkehr für uns aufgehalten hat. Wir werden sehr oft angesprochen und herzlich empfangen, am Flughafen schon und auch an der Copacabana.

Damit wir auch wissen, wo was ist, geht es auf der „Revenue Tour“ heute quer durch Rio. First Stop: das Maracanã-Stadion. Wenn etwas die Brasilianer ebenso zusammenhält wie teilt, ist es der Fußball. Das Maracanã ist durch einige Modernisierungen und aktuell 55.000 Sitzplätze eines der größten Fußballstadien der Welt.

Barra di Tijuca war unser zweiter Stop. Hier finden die meisten Wettbewerbe statt. Vor ein paar Jahren war hier nur Sand und Gras, das hab ich mir von Einheimischen sagen lassen. Im Olympic Park und im Olympic Village haben sich alle Länder auf Ihren Balkonen auf kreativste Art und Weise mit Ihren Fahnen identifiziert. Das Rio Centro, ein schon bestehender Komplex wird außer für die Olympischen Spiele für diverse Messen und Veranstaltungen genutzt.

Unsere Endstation - das Highlight unseres Tages - war das weltberühmte Wahrzeichen Pão de Açúcar, zu deutsch „Der Zuckerhut“. Es liegt auf 400 Meter Höhe.

Deniz Onaral

Privat/Deniz Onaral

Tag 4: Strandtrubel

Im Austria-Haus geht’s rund: Außen- sowie auch Innenbereiche stehen schon fast bereit, ein paar Kleinigkeiten noch und dann kann’s losgehen.

Es sind wieder mehrere Container in der Nacht angekommen. Die Küche ist mit dem Kran in der Nacht auf dem Dach platziert worden. Wir packen brav alle Sachen aus und verräumen sie an die richtigen Orte.

Am Nachmittag haben wir den besten Strand der Stadt, den Praia de Ipanema, getestet. Das Wasser ist sehr sauber und der Salzgehalt im Vergleich zum Mittelmeer deutlich geringer. Es gibt auch sehr viele coole Strandverkäufer, die manchmal auch ganz schön nerven können. Vom ORF-Gebäude kann man direkt den ganzen Strand von Ipanema sehen. Am Strand von Leblon bekommt man richtig Lust auf Sport und Bewegung -hier begegnet man immer vielen Joggern, Walkern, Radfahrern oder aber auch Beach-Volleyballspieler, die man beim Training beobachten kann.

Tag 5: Bereit

Die Vorbereitungen gehen voran, unser Check-in Terminal für den VIP-Bereich ist auch schon ready. Wir müssen heute die Einlasskarten von den Athleten und Betreuern vorbereiten. Das Catering ist schon fleißig am Teller polieren, die Gläser glänzen auch schon. Die Kornspitz backen schon im Ofen und schmecken echt super.

Nach den Vorbereitungen im Österreich-Haus sahen wir uns wieder im Rio Sul um, damit wir uns in diesem riesigen Einkaufszentrum auch wirklich gut auskennen. Zu Mittag gab es wieder was typisch Brasilianisches: Feijouda mit Reis, farofa (geröstetes Maniokmehl)und Salat.

Vorbereitungen Österreich-Haus

Privat/Deniz Onaral

Voll gestärkt ging’s weiter. Wir haben eine Einschulung für die Umfragen bekommen, die wir dann täglich im Austria House durchführen werden. Im Rahmen meiner Diplomarbeit hab ich so etwas schon mal gemacht, deshalb umso spannender. Wer hätte das gedacht, dass ich das mal in Südamerika machen werde.

Danach haben wir uns noch mit brasilianischen Spezialitäten auseinandergesetzt und uns ausgetobt. Zu guter Letzt wollte ich nur noch unter die Dusche. Die erste Dusche haben wir schon vorher mit dem ersten Regen bekommen. Endlich haben wir mal die Rushhour dieser 6,3 Millionen Stadt erlebt - wir sind ca. 45 Minuten im Stau gestanden und das für eine Strecke von gerade mal 1500 Metern.

Tag 6: Carlos, der Straßenverkäufer

Das Highlight des Tages war Carlos, der Straßenverkäufer. Er hat uns ein wenig in das brasilianische „Straßenverkäuferleben“ eingeführt:

„Ich bin 41, mache diesen Job schon seit ich 18 bin und bin in den Favelas aufgewachsen. Ich lebe mit meinen fünf Kindern und meiner Frau noch immer dort. Übrigens Jungs, brasilianische Frauen können ganz schön eifersüchtig werden. Ich verkaufe diese Autokennzeichen, und die für Rio sind sogar aus Aluminium. Ich muss jeden Tag 10 Stück verkaufen, dann geht’s meiner Familie gut. Meine Arbeitszeiten fallen etwas länger aus (09.00-23.00). Gott sei Dank, habe ich nur ein paar Konkurrenten. (...) Mit der Zeit habe ich Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch gelernt.“ (Als ich Ihn gefragt habe ob er denn auch Türkisch kann, hat er auch ein paar Brocken gesprochen.)

„Ich bin nie in die Schule gegangen, aber ich gehe trotzdem glücklich nach Hause, wenn ich mein Ziel erreicht habe. Das Schöne ist, dass ich mein eigener Chef bin, immer am Strand, lerne Leute aus aller Welt kennen und entscheide selbst, wann und wie viel ich arbeiten muss. Die Olympischen Spiele sind eine große Chance für uns Straßenverkäufer.“

Straßenverkäufer

Privat/Deniz Onaral

Dass es weiterhin geregnet hat, gefällt den Moskitos besonders gut - als ich in mein Zimmer gekommen bin, haben schon mehrere auf mich gewartet. Dafür habe ich eine gute Taktik: Klimaanlage einschalten, Moskiqitospray ins Zimmer sprühen, Licht aus und schon geht das Mückenduell im Badezimmer los. Zum Glück gewinne meist ich und kann dann stich-frei und in Ruhe schlafen.

Tonnenweise Speck und Käse

Mit der Zeit merke ich, dass man in Brasilien zum Frühstück nicht so viel isst. Meist nur Kaffee und Bananen und die schmecken viel besser als bei uns.

Das Austria-House ist ready für die erste (inter-)nationale Pressekonferenz: Die Bänke sind aufgebaut, die Stühle platziert, Lampen und Blumen richtig gestellt, die Feuerlöscher verteilt...

Es gibt das erste „Photoshooting“ in Lederhose und Dirndl.

Das Österreicher-Haus in Zahlen

Dr. Mennel und Florian Gosch eröffnen die Pressekonferenz und nennen ein paar interessante Daten:

  • 1,2 Tonne Käse
  • 1,5 Tonnen Speck
  • 20.000 Liter Bier
  • 8,000 Flaschen Sekt und Wein
  • 60.00 Portionen Kaffee dazu 30 Kaffeemaschinen => via Rotterdam nach Rio de Janeiro

Weitere Lebensmittel, die frisch vor Ort in Rio besorgt wurden bzw. werden: 2 Tonnen Rindfleisch, 1 Tonne Kartoffeln, 200 kg Limetten, 10.000 Flaschen Mineralwasser und Softdrinks...und vieles mehr!

Die ersten Athleten habe uns auch schon mit ihrem Radl besucht.

Ein von @d.xaral gepostetes Foto am

Flughafen: Rio de Janeiro-Santos Dumont

Mein erster Außendienst am kleineren, innerbrasilianischen Flughafen RJ-Santos Dumont. Dieser befindet sich in der Nähe der Innenstadt von Rio und dient mehreren Airlines auch als Luftdrehkreuz.

Da sich der Zuckerhut in der Nähe befindet, ist die Landeanfahrt sehr anspruchsvoll. Man kann ihn anscheinend mit dem Flughafen Innsbruck vergleichen.

Noodle Soup

Privat/Deniz Onaral

Jetzt brauche ich was zum Mampfen - eine „leckere“, fertige Nudelsuppe und zum krönenden Abschluss noch Ovomaltine mit Eis.

Tag 7: Flughafen Galeão

Der Tag beginnt mit sehr guten Nachrichten: Das Internationale Olympische Komitee hat vor der Eröffnung der Sommerspiele, im Rahmen der 129. IOC-Tagung in Rio, ÖOC Präsidenten Dr. Karl Stoss aufgenommen. Er ist der 10. Österreicher, der zum Mitglied gewählt wurde.

Wir sind noch immer brav dabei, für unsere Gäste die Eintrittskarten vorzubereiten.

Am Nachmittag geht’s ab zum Flughafen - Journalisten abholen ist immer so eine heikle Sache, aber ich glaub die Luft in Brasilien ist so gut, dass die beiden fröhlich und entspannt am Flughafen Galeão vor mir stehen und sich über meinen Empfang sichtlich freuen.

Ein paar Kennzahlen:

Aeroporto Internacional Antônio Carlos Jobim, kurz Galeão...

  • 15km nördlich vom Zentrum
  • 1945 Stützpunkt der brasilianischen Luftwaffe
  • 1970 bedeutendes Drehkreuz für die internationale Luftfahrt
  • 1999 bekam er den Beinamen des brasilianischen Musikers Antonio Carlos Jobim

Während ich mit einem ungarischen Foodblogger auf eine Dame aus Dubai warte, haben wir uns sehr über die stylische 90er-Jahre Gestaltung der Australischen Mannschaft amüsiert und gewitzelt. Japan und Korea sind da schon besser dabei, meint der Blogger zu mir und lacht.

Austria-Haus Rio

Privat/Deniz Onaral

Dann endlich nach der langen Verspätung ist auch die Dame aus Dubai angekommen. Auf dem Weg zurück zum Austria-House haben die Straßenverkäufer wieder versucht, uns auf der Schnellstraße von ihrer breiten Produktpalette zu überzeugen.

Bei unserer Ankunft hatten sich schon die ersten Warteschlangen vor dem Austria House gebildet - am Abend kommen die Athleten einzeln auf die Bühne.

Bis morgen!
Deniz

Hier geht’s zu Woche 2 und Woche 3 in Rio.