Herzen zum Valentinstag

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Ghosting: Das ist das neue Schlussmachen

Man schreibt miteinander, whatsappt, facebookt, tindert, trifft sich vielleicht ein- oder zweimal und dann auf einmal: Funkstille. Für immer.

„Ö3-Wecker“ mit Philipp Hansa, 24. August 2016

Die Wissenschaft bezeichnet es als Ghosting, in der Praxis sorgt diese Art vom sich Aus-dem-Staub-machen beim Dating und auch im Alltag für immer mehr Unverständnis und Ärger.

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Ghosting boomt wie noch nie. „Das Schlimme dabei ist, mit lauter Fragezeichen zurückgelassen zu werden“, so zieht Stefan (24) aus Linz über seine erste persönliche Ghosting-Erfahrung Bilanz. Er ist von seinem Date erst vergangene Woche geghostet worden. „Alles ist super gelaufen, wir haben seit ein paar Tagen geschrieben, uns einmal getroffen - dann hat sie plötzlich einfach nicht mehr zurückgeschrieben. Ich hab’ gesehen, dass sie meine Nachrichten gelesen hat. Aber sie hat einfach nicht mehr geantwortet.“, schluchzt Stefan.

Ghosting boomt

In den letzten zwei Jahren hat das Ghosting einen ordentlichen Boom erlebt. 2014 hat sich „nur“ jeder Fünfte über Ghosting ärgern müssen. In einer aktuellen Umfrage sagen bereits 78 Prozent, dass sie zumindest einmal „geghostet“ worden sind oder selbst „geghostet“ haben.

Wie Einkaufen

Dating funktioniert 2016 wie Einkaufen - so unromantisch das jetzt auch klingen mag, für Sozialwissenschaftlicher Philipp Ikrath ist es die Erklärung für den Ghosting-Boom: „Dating funktioniert heute ähnlich wie in einem Supermarkt. Ich habe auf den Plattformen ein Regal voller Waren und Angebote und probiere nach Belieben aus. Wenn eine Ware nicht das hält, was sie verspricht, wird sie ohne groß emotional darüber nachzudenken, entsorgt.“

Warum wir ghosten

Psychologin Martina Rammer-Gmeiner hat eine ganz klare These für den Ghosting-Boom: „Das ist eine Kombination aus Feigheit und sozialer Inkompetenz.“ Wir wollen keine emotionalen Debatten, wollen nicht anecken, wenn das Gegenüber beim Date oder die Verabredung nicht das hält, was sie verspricht. Daher sei Ghosting schlicht und einfach die bequemste Möglichkeit, sich aus dem Staub zu machen. „Was aber nicht geht, ist die Leute einfach mit Fragezeichen zurückzulassen. Einen Schlusssatz sollte man schon finden.“, sagt die Psychologin.

Und das ist auch das, was Stefan so ärgert: „In den Tagen nach dem Ghosting ist man dauernd auf der Suche nach Antworten, warum jetzt plötzlich alles aus ist, wo es doch so gut gelaufen ist. Und da fangt man als erstes bei sich selbst nach Fehlern zu suchen an.“ (Martin Krachler/Judith Krieger)

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