Das kleine 1 x 1 der EU-Ratspräsidentschaft

In ein paar Tagen sitzt Österreich wieder öfter im Chefsessel - und zwar bei hunderten Tagungen und Treffen der EU. Alle sechs Monate wechselt der EU-Ratsvorsitz und ab 1. Juli sind wieder wir dran. Aber was bedeutet das genau, dass Österreich für ein halbes Jahr den EU-Ratsvorsitz übernimmt?

Eine der wichtigsten Aufgaben des Vorsitz-Landes ist es, die EU-Ministerräte zu organisieren, also zum Beispiel das Treffen der Wirtschaftsminister aller 28 EU-Länder oder das Treffen der Umweltministerinnen. Und bei diesen Treffen sitzt dann immer die jeweilige österreichische Fachministerin im Chefsessel.

Wobei: Zu sehr die Chefin raushängen lassen, geht nicht, sagt Paul Schmidt von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik: „Grundsätzlich wird erwartet, dass das Vorsitzland in diesen sechs Monaten als neutraler Vermittler auftritt und seine eigenen Positionen zurückstellt.“

EU Flagge

Christian Ohde / ChromOrange / picturedesk.com

Also wenn’s dann zum Beispiel ums EU-Budget geht, kann Österreich nicht einfach seine eigenen Vorstellungen durchsetzen und sich ans Sparen klammern, wenn gleichzeitig Deutschland und Frankreich wollen, dass die EU mehr Geld bekommt.

Das werden die Top 3 Themen der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Österreich muss seine Positionen zurückstellen, dafür gibt’s Rampenlicht...

In Schladming wird zum Beispiel das große Auftakt-Event zur EU-Ratspräsidentschaft mit der größten Band Europas über die Bühne gehen, und neben insgesamt 13 Fachminister-Treffen finden auch noch 300 andere EU-Veranstaltungen in Österreich statt. Paul Schmidt über den Rampenlicht-Faktor des EU-Vorsitzes: „Man trifft sich in Wien, Salzburg und Bregenz, man zeigt die Vielfalt des Landes und das kann sich natürlich auf den Tourismus positiv auswirken. Abgesehen davon, dass es auch der Wirtschaft hilft, wenn es mehr als 300 Tagungen und Treffen in Österreich gibt.“

Trotzdem ist es natürlich nicht so, dass ab jetzt ganz Europa ein halbes Jahr lang nur nach Österreich schaut. Die großen Gipfeltreffen, EU-Außenministerräte oder Eurogruppensitzungen finden weiterhin in Brüssel beziehungsweise verteilt in Europa statt. Außerdem gibt es neben dem EU-Vorsitzland ja auch noch die mächtige EU-Kommission und das EU-Parlament.

Ö3-Weckerserie zum EU-Ratsvorsitz:

Das ist das Europabild der Jugend

Gratis-Interrailtickets - damit versucht die EU gerade die Jungen in Europa von sich zu begeistern. Allerdings ist die Aktion viel kleiner ausgefallen als geplant. Ob das die Krisenstimmung vergessen lässt? Auch bei uns in Österreich haben junge Menschen den Eindruck, in der EU brodelt’s.

Das Institut für Jugendkulturforschung ist in einer qualitativen Studie der Frage nachgegangen, warum österreichische 20- bis 30-Jährige das Gefühl haben, die EU steckt in einer Krise. Studienautorin Katharina Koller: „Ein junger Erwachsener aus unseren Fokusgruppe hat gemeint, die EU wäre derzeit wie ein Pulverfass. Vor allem mit dem Brexit ist dieses Gefühl der Krise noch einmal stärker geworden und die Angst, dass weitere Länder die Union verlassen. Auch die Verschuldung Griechenlands führt zu einem Gefühl der Krise und zur Angst, dass die EU auseinanderbrechen könnte.“

Die Krisenstimmung mischt sich darüber hinaus mit einem Gefühl der Sorge um die EU. Manche der Befragten sind beispielsweise darüber besorgt, dass viele Gleichaltrige nicht wissen, wie wichtig die EU als Friedensprojekt ist.

Kann der österreichische EU-Vorsitz etwas an der Krisenstimmung ändern?

Katharina Koller und andere Experten glauben nicht. 58 Prozent der österreichischen Jugendlichen interessiert der EU-Vorsitz „eher“ bis „gar nicht“. Das zeigt eine Studie der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik zeigt. Und fast genauso viele schätzen den Einfluss Österreichs in diesem halben Jahr als gering ein.

Junge und die EU: Der persönliche Nutzen

Was die 20- bis 30-Jährigen aber ebenso mit der EU-Mitgliedschaft verbinden ist eine Vielzahl von persönlichen Vorteilen. Besonders geschätzt werden die Möglichkeiten, überall in die EU reisen zu können oder überhaupt eine Zeit lang in jedem anderen EU-Land wohnen und arbeiten zu können. Das sehen junge Menschen unabhängig vom Bildungsgrad als große Chance.

Das Europabild der Jungen ist also widersprüchlich. Einerseits sehen sie die EU in der Krise stecken, andererseits würden sie die Reisefreiheit in der EU niemals missen wollen und vielfach wird auch die Bedeutung der EU als Friedensprojekt geschätzt.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Das waren die Highlights & Lowlights der bisherigen EU-Ratspräsidentschaften Österreichs im Jahr 1998 und 2006:

Zum dritten Mal wird Österreich in wenigen Tagen wieder für ein halbes Jahr den Vorsitz in der EU übernehmen. Davor hat Österreich die Präsidentschaft bereits 1998 und 2006 innegehabt.

Der Ratsvorsitz im Jahr 1998

… war Österreich noch ein EU-Neuling und die Stimmung in der EU war generell gut. Viel Lob bekommt das Auftakt-Event der österreichischen Ratspräsidentschaft am Wiener Heldenplatz. Ein Programm zwischen Sandra Pires, Wiener Sängerknaben und Austria-3. Inhaltlich beginnen unter Österreichs Vorsitz die nicht immer einfachen Beitrittsverhandlungen mit 5 osteuropäischen Staaten und Zypern. Ein großes Thema ist auch der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit unter dem Motto „gemeinsame europäische Beschäftigungspolitik“. Unter österreichischem Vorsitz wird auch der Euro weiter vorbereitet. Am 31. Dezember 1998, dem letzten Tag des österreichischen Vorsitzes, wurden schließlich die Wechselkurse der elf Teilnehmerwährungen am Euro fixiert. Der Wert des Euro wurde mit 13,7603 Schilling festgelegt.

Der Ratsvorsitz 2006

… ist der Schilling schon fast vergessen und Österreich übernimmt zum zweiten Mal den EU-Vorsitz. Die Stimmung in der EU ist zu diesem Zeitpunkt allerdings deutlich schlechter. Ein Grund: das französische und niederländische Nein zum EU-Verfassungsvertrag. Österreich sorgt aber für eine Klimaverbesserung. Schlagzeilen machen die sogenannte Dienstleistungsrichtlinie und die Angst vor Lohndumping aus dem Osten. Man einigt sich unter österreichischem Vorsitz auf den Kompromiss, dass das Herkunftslandprinzip nicht gilt und Arbeitnehmer*innen aus dem Ausland nach den sozialen Standards jenes Landes arbeiten müssen, in dem die Beschäftigung ausgeführt wird. Mediales Highlight ist aber der Besuch des US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush beim damaligen EU-Ratspräsidenten und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Begleitet wird dieser Besuch von zahlreichen Protesten.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Ö3-Wecker“ mit Robert Kratky, 28. Juni 2018 (sase)