Borkenkäferlarve

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Borkenkäfer wählen gestresste Bäume gezielt für Befall aus

Borkenkäfer tun sich in Trockenzeiten mit dem Befall von Bäumen leichter. Dass Vertreter der Schädlinge, die sich als eine Art Pioniere auf die Suche nach neuen Opfern machen, aber offenbar ganz gezielt Bäume aussuchen, die schon trockengestresst sind, konnte ein Team um Sigrid Netherer von der BOKU Wien erstmals zeigen. Das überprüften die Forscher u.a. in Feldversuchen mit überdachten Fichten.

Die hierzulande dominierenden Fichtenwälder leiden vor allem bei großer Hitze, Trockenheit und Windwurf am stärksten unter dem Befall des Buchdruckers (Ips typographus). „Schon in mehr als hundert Jahre alten Werken wurde die Beobachtung niedergeschrieben, dass trockene und warme Perioden seine Massenvermehrung fördern“, so Netherer am Montag in einer Aussendung des Wissenschaftsfonds FWF. Die tieferen Zusammenhänge zwischen Trockenstress und dem häufigeren Absterben von Bäumen seien allerdings noch bei weitem nicht vollständig verstanden, schreiben die Wissenschaftler in einer im Fachmagazin „Journal of Pest Science“ veröffentlichten Arbeit.

Trockenheit schadet Schädlingsabwehr

Die Fichten investieren in diverse Abwehrstoffe gegenüber Angreifern wie den Borkenkäfern. So stellt der Baum Harz mit verschiedenen Verbindungen zur Verteidigung her. Diese Prozesse und die Zusammensetzung des Harzes werden durch Trockenheit, höhere Temperaturen und andere Stressfaktoren beeinträchtigt.

Fraßspuren der Borkenkäferlarve

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Die Spuren der Borkenkäferlarve sind eindeutig.

Im Lehrforst der BOKU Wien im Rosaliengebirge an der Grenze von Niederösterreich zum Burgenland schnitt Netherer zehn Fichten über zwei Saisonen hinweg mit Überdachungen weitestgehend von der Wasserzufuhr ab. Die Auswirkungen davon wurden in dem vom FWF geförderten Projekt mit zehn Bäumen verglichen, die unter Normalbedingungen lebten. Die Wissenschaftler setzten zu diesem Zweck die verschiedenen Fichtengruppen Borkenkäfern aus der BOKU-Zuchtanlage in eigens konzipierten Befallsboxen aus.

Borkenkäfer wählen aktiv Bäume

Augenmerk richteten die Forscher auch auf Pionierkäfer. Das sind Männchen, die sich aufmachen, um neue Bäume für die Besiedelung durch ihre Spezies zu erkunden. Dazu nutzen sie ihren Geruchssinn, kapern dann gewissermaßen die Baumabwehr, indem sie Bestandteile des Harzes nutzen. Damit signalisieren sie Artgenossen, dass es dort etwas zum Holen gibt. Die Harzanalysen führten die Wiener Wissenschaftler in Kooperation mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena (Deutschland) und der Neuen Universität Lissabon (Portugal) durch.

Die Beobachtung, dass sich die Schädlinge bei trockengestressten Bäumen leichter tun, bestätigte sich im Feldversuch erneut. In Laborstudien zeigte sich allerdings darüber hinaus, dass die Borkenkäfer-Pioniere eine eindeutige Vorliebe für Rinde und Bast von mit Trockenheit kämpfenden Fichten an den Tag legen: „Es zeigte sich auch eine deutliche Präferenz der Käfer für Proben, die von Bäumen mit eingeschränkter Abwehr stammten. Das ist der erste empirische Beweis für Primärattraktion, das heißt, dass die Buchdrucker trockengestresste Bäume mit eingeschränkter Abwehr wohl aktiv auswählen“, so Netherer.

(APA)