Music from Heaven - Johnny Cash
13. Jänner 1968, Folsom Prison, Kalifornien
Mucksmäuschenstill sitzen sie da, die paar hundert Mörder, Räuber und Sexualverbrecher, die sich vor der improvisierten Bühne in der Kantine des Folsom Prison eingefunden haben. Sie wissen, dass das Wachpersonal von der Waffe Gebrauch machen wird, falls es zu einem Aufstand kommen sollte.
Während ein Ansager den versammelten Schwerkriminellen letzte Instruktionen erteilt, macht sich Johnny Cash Backstage für den wohl wichtigsten Auftritt seiner Karriere bereit: Hoch konzentriert und ziemlich angespannt, nicht weil er Angst, sondern weil er Respekt hat vor den Insassen, die er trotz ihrer schrecklichen Verbrechen noch immer zuallererst als Menschen betrachtet.
Der Country-Superstar zupft ein letztes Mal seinen schwarzen Anzug zurecht, schnappt sich die Gitarre, betritt mit seiner Band die Bühne und spricht dann die legendären Begrüßungsworte: „Hello, I’m Johnny Cash.“ Als Opener gibt er natürlich den Folsom Prison Blues. Die weitere Setlist beinhaltet kaum Hits, sondern ausgewählte Songs, die sich mit der Lebenssituation der Häftlinge befassen. Zum Schluss spielt er zum ersten Mal einen Song, den ihm ein Insasse am Vorabend über den Gefängnispfarrer zukommen lies.
Als das Album „At Folsom Prison“ dann ein paar Monate später veröffentlicht wird, entwickelt es sich zu einem Millionenseller. Ein musikalischer Triumph für Johnny Cash. Aber viel mehr noch eine Herzensangelegenheit.
(Clemens Stadlbauer)
Ö3-Musikspecial zu Allerheiligen mit Benny Hörtnagl und Sheyda Kharrazi, 1. November 2017.