Schutzmaske

Clemens Stadlbauer

Home-Sweet-Homeoffice: Tag 22

Die Regierung hat also gestern erste Lockerungen angekündigt. Für mich hat sich das allerdings so angehört, als ob die Staatsgewalt weitere Verschärfungen plant. Aus Protest erkläre ich hiemit mein Home-Office ab sofort zum rechtsfreien Raum: Mehr Anarchie für weniger Chaos!

Es hat nicht viel gefehlt, und der Ostererlass hätte zu meinem ganz persönlichen Osteraufstand geführt. Vor lauter Regeln sieht man ja bald das Gesetz nicht mehr. Okay, das Gesundheitsministerium hat den Erlass wieder zurück genommen. Aber als sehr interessierter und auch halbwegs informierter Mensch verliere ich schön langsam echt den Überblick.

So wie früher in meiner Studentenzeit. Da war ich auf so vielen Demonstrationen unterwegs, dass ich teilweise gar nicht mehr wusste, ob ich gerade dafür oder dagegen bin. So ähnlich verwirrend ist es gerade auch in der Corona-Krise. Muss ich beim Osteressen mit meiner Familie auf Unschuldslamm machen, wenn die Polizei plötzlich vor meiner Tür steht? Und falls ja, warum nicht?

Wir leben in merkwürdigen Zeiten, in denen selbst so unumstritten gute Organisationen wie das Rote Kreuz plötzlich mit einer befremdlichen Tracking-App ungeniert in der Grauzone herum spazieren. Währenddessen legt der Nationalratspräsident, ganz Souverän, in seiner Meinungsfindung einen Zick-Zack-Kurs wie der Osterhase hin. Die Ausschaltung des Parlaments in Ungarn scheint unsere Regierung hingegen kaum aufzuregen. Dafür hagelt es bei uns beinahe im Minutentakt immer mehr Fristen und Gesetze. Bin ich paranoid oder geschieht mir nur Recht?

Supermarkt
Clemens Stadlbauer

Ich halte mich hier im Home-Office an alle Regeln. Nicht so sehr, weil das die Regierung will, sondern weil ich andere nicht gefährden will. Es geht mir um die Gesundheit, da gehe ich konform, sonst aber gehe ich auch gerne in den Widerstand. So wie meine neunjährige Tochter. Die hat am Freitag die Schule geschwänzt. Kein Interesse. Dafür hat sie Montagvormittag in den Ferien Mathematik gelernt. Hut ab vor dieser Guerilla-Taktik.

Und Maske auf. Das ist ja die nächste Widrigkeit, die mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Meine Tochter erledigt gerne Einkäufe für unsere älteren Nachbarn, was ich sehr cool finde. Die Masken im Supermarkt sind aber nicht so ihr Ding. Also haben wir bei dem jungen Wiener Modelabel Shakkei stylishe Facemasks bestellt, die mit ihren recycelten Jerseybändern überdies sehr nachhaltig gestaltet sind.

So wie die jungen Musiker kämpfen auch die jungen Modedesigner gerade ums Überleben und sind froh um jede noch so kleine Unterstützung. Das macht man natürlich gerne, auch wenn so eine Maske einen ziemlichen Gesichtsverlust bedeutet. Aber vielleicht werden wir ja bald noch radikaler und wechseln über zu Guy-Fawkes-Masken, dem Markenzeichen der Anonymous-Bewegung. In der Stimmung dazu bin ich offensichtlich gerade. Es lebe die selbstbestimmte Freiheit!

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Home-Sweet-Homeoffice: Tag 21

Song Contest
Clemens Stadlbauer
Milenko Badzic
Clemens Stadlbauer

Aus der Ö3-Musikredaktion...

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt.
Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.

(CS)