Jörg Haider gründet überraschend das BZÖ
Von und mit Norbert Ivanek
Am 4. April 2005 gibt’s in Österreich einen politischen Paukenschlag. In der Regierung Schüssel II reichen FPÖ-Chef Jörg Haider die monatelangen Querelen in der FPÖ und er gründet das BZÖ, das Bündnis Zukunft Österreich. Viele FPÖ-Regierungsmitglieder wechseln prompt in die neue Partei und Jörg Haider wird umgehend aus der FPÖ ausgeschlossen.

Fazit: Das BZÖ ist die erste Partei Österreichs, die in der Regierung sitzt, ohne je gewählt worden zu sein. Während Bundeskanzler Schüssel darin kein Problem sieht, kritisiert der damalige Parteivorsitzende der Grünen Alexander van der Bellen genau diese Tatsache im Ö3-Journal heftig.
„Bundeskanzler Schüssel muss handeln, und zwar heute, Montag und das heißt Neuwahlen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ist die BZÖ, die sogenannte, identisch mit der alten FPÖ, dann ist es ein Schmäh und wir wollen keine Schmähregierung. Und ich nehme an, auch Bundeskanzler Schüssel nicht. Oder die sind nicht identisch. Dann haben wir es mit einer Gruppierung zu tun, die noch keinerlei Wählerlegitimation hinter sich hat.“
Das Ö3-Zeitreisevideo des Tages:
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Am 4. April 1990 geht’s auch um Politik, allerdings eher um einen kuriosen Auswuchs derselben. Belgiens König Albert Baudouin lässt sich vom Parlament für zwei Tage amtsunfähig erklären, also quasi krankschreiben, um ein Gesetz, das Gefängnisstrafe für Abtreibung endlich abschafft, nicht unterschreiben zu müssen, berichtet Ö3-Korrespondent Klaus Emmerich.
„Nach monatelangen heftigen Auseinandersetzungen mit wochenlangen parlamentarischen Lähmungserscheinungen hatte die Volksvertretung der Belgier schließlich mit Mehrheit eine Teilliberalisierung der Abtreibungsvorschriften beschlossen, allem Anschein nach ohne die Meinung des Königs, im moralischen, aber auch verfassungsrechtlichen Sinn voll zu bedenken. König Baudouin und Königin Fabiola gelten als streng religiös und haben das bittere Schicksal zu tragen, dass ihnen der Wunsch nach eigenen Kindern versagt blieb. So sah sich der König außerstande, seine Gewissensgründe aus Staatsräson einfach beiseite zu schieben.

Baudouin verweigerte bis zuletzt die Unterschrift und bat, nachdem Verfassungsfristen abzulaufen drohten, Regierung und Parlament um einen juristischen Ausweg, denn der populäre Monarch wollte seinem Land eine Verfassungskrise ausgerechnet am Beispiel der Abtreibung ersparen. Ist doch Belgien nach Irland das einzige Land der EG, das noch derart strikte Abtreibungsgesetze wirksam hat. Mit der Folge, dass die Verfechter einer Liberalisierung auf den Untergrund verweisen, in den Frauen gedrängt werden, während die Gegner liberalerer Abtreibungsvorschriften dem Schutz des Lebens weiterhin absoluten Vorrang verschaffen möchten.
Wie tief die Auseinandersetzung geht, belegt nun der zweitägige Rücktritt des Königs, der von Verfassungsrechtlern als kühne, jedoch gangbare Möglichkeit angesehen wird. Während Politiker mit Unbehagen die Frage stellen, ob dies der Anfang vom Ende der Monarchie in Belgien sein könnte, wenn dieses Beispiel Schule machte. In der belgischen Öffentlichkeit zeigen erste Reaktionen, dass die meisten von der verfassungsrechtlichen Verwicklung überrascht sind und der Gewissensentscheidung ihres Königs Respekt erweisen. Die meisten glauben, dass die Popularität von Baudouin und Fabiola nach dieser ungewöhnlichen Problemlösung nur noch zunehmen könnte.“
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Norbert Ivanek ist der Ö3-Zeitreiseleiter:

Gefühlvoll wühlt er sich täglich durch knapp 55 Jahre Ö3-Archiv und findet Erstaunliches, Interessantes aber auch Überraschendes. Die Ö3-Zeitreise entführt dich in die Höhen und Tiefen des Lebens, in glückliche und traurigere Momente, in absolute Highlights und tiefschwarze Nullpunkte. Ö3 war und ist für dich immer mit dabei mitten im Geschehen und direkt am Puls der Zeit.
„Ö3-Greatst Hits“ mit Andi Knoll, 4. April 2022 (NI)