
Hitradio Ö3 / Martin Krachler
Kurz: „Würde die Entscheidungen wieder treffen.“
Kurz lud Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl auf den Vierkanthof seiner Eltern in der 100-Einwohner-Gemeinde Zogelsdorf in Niederösterreich. Seine 92-jährige Großmutter wird dort von seiner Familie gepflegt und, wie Kurz heute erstmals auf Ö3 erzählte, hat ihr Gesundheitszustand auch eine wesentliche Rolle am Tag vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos gespielt. Kurz auf Ö3: „Ich habe am Vortag vom damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache viele Anrufe bekommen, der mich unbedingt dringend unter vier Augen sprechen wollte. Es war kein einfacher Tag für mich und meine Familie, weil es meiner Oma da grad irrsinnig schlecht gegangen ist und wir uns alle bei ihr gemeinsam getroffen haben und ich insofern definitiv für eins keinen Kopf hatte, nämlich für Politik.“ Trotzdem war es an diesem Donnerstagabend noch zu einem persönlichen Gespräch mit Strache gekommen, in dem hat dieser ihm „sehr kryptisch angekündigt: Morgen kommt etwas Negatives in den Medien.“ Als er dann das Video am Freitag, nach der Veröffentlichung um 18.00 Uhr zum ersten Mal gesehen hat, beschrieb Kurz auf Ö3: „Es hat uns alle, mein ganzes Team und mich, erschlagen, das war ein Schock. Es hat sich irgendwie unwirklich angefühlt, fast wie ein Film.“
Das Gespräch mit Strache danach „war ein sehr emotionales Gespräch, weil er natürlich niedergeschlagen war, ich war enttäuscht, und gleichzeitig auch fassungslos.“ Fehler bei sich sieht er keinen: „Ich stelle mir oft die Frage, hätte ich all das, was auf dem Video gezeigt wird, wissen müssen, aber Heinz-Christian Strache hat mir nie einen Anlass gegeben ihn so einzuschätzen.“ Auch über alle Entscheidungen, die Kurz in den Stunden und Tagen danach getroffen hat, meint er: „Ich würde die Entscheidungen wieder so treffen.“ Zu einer möglichen Rückkehr von Ex-Vizekanzler Strache in die Politik meinte Kurz im Ö3-„Sommergespräch“: „Ich würde ihm das nicht raten, aber das ist nicht meine Entscheidung.“
Gegen den Vorwurf, der auch oft in internationalen Medien zu lesen war, Kurz hätte mit der FPÖ-Koalition „Rechtspopulisten salonfähig gemacht“, meinte Kurz auf Ö3: „Ich halte nichts von dem Wort salonfähig, weil das dekadent klingt, jede demokratische Partei ist von der Bevölkerung legitimiert.“ Ob sich der ÖVP-Chef eine Neuauflage von Schwarz-Blau vorstellen könne? Kurz im Gespräch mit Claudia Stöckl: „im Moment habe ich leider das Gefühl, dass bei Teilen der FPÖ nicht die richtigen Lehren aus dem Video und den Inhalten gezogen werden und das sich Teile der FPÖ da in eine sehr negative und radikale Richtung entwickeln. Mal schauen welcher Zugang sich am Ende Tages in der FPÖ durchsetzt.“
Auch über seine „private Koalition“, die Beziehung mit Finanzbeamtin Susanne Thier, sprach Sebastian Kurz in den Ö3-„Sommergesprächen“: Öffentlich an seiner Seite möchte sie sich auch während des Wahlkampfes nur selten präsentieren. Ein gemeinsamer Auftritt beim Opernball oder den Salzburger Festspielen bedeutet „Überzeugungsarbeit zuhause, aber da und dort treten wir natürlich gemeinsam auf.“ Über seine private Zukunft und wo er sich mit 40 sieht, meint der 32-jährige Spitzenpolitiker: als Familienvater und verheiratet mit Susanne, denn: „Meine Freundin ist meine Traumfrau.“

Hitradio Ö3
Nachhören
„Frühstück bei mir“ mit Claudia Stöckl – das große Interview der Woche, Persönlichkeiten ganz persönlich – jeden Sonntag von 9.00 bis 11.00 Uhr im Hitradio Ö3.
Hier entweder den Podcast abonnieren oder die vergangenen Sendungen online anhören.
„Frühstück bei mir“ mit Claudia Stöckl, 23. Juni 2019