AMS-Chef Johannes Kopf

Hitradio Ö3/ Martin Krachler

AMS-Chef Kopf zu Gast in „Frühstück bei mir“

AMS-Vorstand Johannes Kopf über Veränderungen am Arbeitsmarkt- und sein Burn-Out: „Mich hat es dann umgehauen.“

Arbeitskräftemangel, 4-Tage-Woche, der steigende Wunsch nach Work-Life-Balance: Die Arbeitswelt ist in Umbruch, in vielen Branchen fehlen die MitarbeiterInnen, aber die Rufe nach weniger Arbeitsstunden werden immer lauter. AMS-Chef Johannes Kopf hat zum Ö3-„Frühstück bei mir“ in sein Büro im AMS geladen, zwischen Kunst und dem „Cockpit“- einen Flatscreen, auf dem der Liveticket zur Arbeitsmarktsituation zu sehen ist, und erklärte: „Ich werde immer gefragt, wo sind die Leute hin? Meine Antwort ist: ‚Sie arbeiten.‘ Weil wir haben um 100.000 Beschäftigte mehr als vor der Pandemie, aber sie arbeiten nicht unbedingt dort, wo sie die, die stöhnen, suchen.“ Die diese Woche veröffentlichte Studie der Wirtschaftskammer, dass 363.000 zusätzliche Fachkräfte bis zum Jahr 2040 fehlen werden, hält Kopf auf Ö3 entgegen: „ Ich glaube, dass Österreich in einer gar nicht so schlechten Ausgangssituation dasteht, um diese Herausforderungen schaffen zu können. Auf der einen Seite durch Zuwanderung, genauso wie die großen Industrienationen bemühen wir uns Arbeitskräfte z.B in Asien anzuwerben. Auf der anderen Seite steigt das Frauenpensionsantrittsalter ab 2024 jedes Jahr um ein halbes Jahr. Das sind dann 20.000 Personen im Jahr, die länger am Arbeitsmarkt sind.“ Die 4-Tageswoche hält der AMS-Chef vor allem für „ein Zukunftsmodell für Arbeitergeber-Attraktivität. Um einen junge gut Qualifizierten anzulocken, der weniger arbeiten will. Aber von einer Verordnung ‚über alle drüber‘ halte ich nichts.“ Und Kopf erklärt, was sich noch in der Arbeitswelt verändert hat: „Derzeit geht es darum, dass sich Arbeitgeber viel überlegen müssen, um attraktiv zu sein im Wettbewerb um Arbeitskräfte. Mittlerweile sagen Bewerber zu den Arbeitgebern: ‚Sie kommen in die engere Auswahl‘-nicht umgekehrt.“ Der „oberste Jobvermittler des Landes“ erklärt, wann Karrierechancen besonders gut stehen („ Das wichtigste ist eine abgeschlossene Ausbildung.“) und was er seinen Söhnen rät, um herauszufinden, wofür sie sich wirklich eignen.

Der 49jährige Arbeitsmarkt-Experte äußerte sich gegenüber Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl auch erstmals genauer zu den Hintergründen seines beruflichen Rückzug im April 2020: „Ich hatte ein Burn-Out. Wir hatten in der großen Wirtschaftskrise im Jahr 2009 im AMS 600 Kurzarbeitsanträge gehabt. Und dann kam 2020, da wurde ja Mitte März die Republik zugesperrt und die Antwort war: ‚Geht zum AMS.‘ Da kamen plötzlich 120.000 Anträge. Ich habe zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen Tag und Nacht gearbeitet und bin auch aufgrund meiner Persönlichkeitsstruktur so, dass ich mich persönlich verantwortlich gefühlt hab für jeden dieser AntragstellerInnen. Mich hat es dann umgehauen.“ Der AMS Vorstand gab auf Ö3 offen Einblicke in die damalige Situation: „Es sind Dinge passiert, die kann man sich ja gar nicht vorstellen. Diese Förderung wurde erfunden in einer Pressekonferenz an einem Freitag-Nachmittag , wir hatten keinen EDV-Prozess dazu hatten, keine Richtlinien, es gab noch kein Gesetz. Ich erinnere mich, wie ich die Pressekonferenz im Fernsehen in meinem Büro gesehen habe- Online ging nicht, weil unsere Datenleitungen schon so überlastet waren. Dann war die Frage: ‚Ab wann kann man denn diese Förderung beantragen?“ Und dann kam die Antwort einer der Teilnehmenden der Pressekonferenz: ‚ab Montag‘- was völlig absurd war. Bei uns sind sämtliche Mailboxen zusammengebrochen. Heute bin ich froh, dass wir es gut überstanden haben und es gut ausgegangen ist.“ Vier Monate dauerte die berufliche Pause wegen des Burn-Outs, so Kopf auf Ö3: „Ich bin stärker zurückgekommen, als ich vorher war. Ich habe auch Tricks gelernt, um auf mich zu schauen: sorgsam sein, viel rausgehen, auch genug schlafen. Es ist eine Krankheit, die diagnostizierbar, behandelbar ist und auch wieder weg geht. Das ist eine wichtige Botschaft, die ich jedem mitgeben kann.

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„Frühstück bei mir“ mit Claudia Stöckl, 26. März 2023