Teenager bei Berechnungen an der Schultafel

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Reaktionen auf das neue Pädagogik-Paket

Gestern hat Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ein Pädagogik-Paket vorgestellt, das diese Woche in Begutachtung geschickt wird. Unter anderem soll es wieder verpflichtend Notenbeurteilungen ab der zweiten Klasse Volksschule geben. Auch das „Sitzenbleiben“ wird ab der zweiten Klasse wieder möglich.

Schulautonom erhalten die NMS die Möglichkeit, zur Leistungsdifferenzierung ab der sechsten Schulstufe in Deutsch, Mathe und Englisch dauerhafte Gruppen einzurichten. Anders als in der alten Hauptschule soll aber die Zuteilung der Schüler in diese nicht fix sein - sie sollen während des Schuljahres wechseln können beziehungsweise je nach Gegenstand auch in anderen Gruppen sein. Schulen, die die Leistungsdifferenzierung wie bisher durch Teamteaching durchführen wollen, sollen dies weiter können.

SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid spricht sich gegen eine „Rückkehr in die Nachkriegszeit“ und „Notendruck auf die Jüngsten“ aus. Auch die NEOS orten ein Zurück in die „50er-Jahre“, die Liste Pilz sprach ähnlich vom „Rückschritt als neuem Fortschritt“.

Für den Vorsitzenden der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, geht das „Pädagogik-Paket“ grundsätzlich in die richtige Richtung. Für eine endgültige Bewertung fehle ihm allerdings noch der Gesetzesentwurf, so Kimberger. „Meist liegt der Teufel im Detail.“

Ein Klassenzimmer in einer Schule

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Ö3 hat mit verschiedenen Bildungsexperten gesprochen und diverse Meinungen eingefangen:

Thema: Leistungsgruppen

Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien ist der Meinung, dass Kinder gemeinsam unterrichtet werden sollen. Darin aber sehr differenziert. Differenziert nach ihren Potenzialen und ihren Interessen. Sie wirft auch die Frage auf, ob es sinnvoll ist, nur in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik Leistungsgruppen einzuführen. Oder ob Erweiterungsangebote bei allen Schulfächern angedacht werden sollten. Ihrer Meinung nach muss eine viel breitere Begabungspalette anerkannt werden und nicht nur in 3 Fächern.

Teenager im Schulunterricht

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Heidemarie Schrodt, langjährige AHS-Direktorin und Vorsitzende von „BildungGrenzenlos“, spricht sich im Ö3-Interview für Lerngruppen aus. Allerdings betont Schrodt die Wichtigkeit, dass diese temporär sind. Das heißt: Lerngruppen, die für maximal 2-3 Monate eingerichtet werden sind durchaus effizient und förderlich für SchülerInnen. Vermieden werden hingegen sollten Fördergruppen, in die SchülerInnen für ein halbes Jahr oder sogar Jahr fix zugeteilt werden und es keine Möglichkeit gibt, je nach Leistung von einer Lerngruppe in eine andere zu wechseln.

Thema: Ziffernnoten

Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien zu Ziffernnoten: „Eine verbale Benotung ist wichtig, da nicht alle Kinder mit den gleichen Voraussetzungen in die Schule kommen. Manche brauchen eine differenzierte Rückmeldung, um sich verbessern zu können. Und um zu wissen, wo man ansetzen muss. Das Problem mit Noten: eine Note schiebt eine/n SchülerIn in ein „Kasterl“ und das war‘s. Sie geben keine genaue Info über Defizite.“

Internationaler Vergleich

Im internationalen Vergleich sagt Pädagoge und Schulforscher Michael Schranz von der Universität Innsbruck: „Wir haben in Österreich eher die Tendenz Homogenisierung zu schaffen. Wir schaffen Leistungsgruppen, die versuchen einheitliche Voraussetzungen zu machen. Das führt zu einem Durchschnittsunterricht und Lehrern wird nicht gezeigt, wie man mit Vielfalt bestmöglich umgeht.

„Ö3-Wecker“ mit Philipp Hansa, 2. Oktober 2018
(TW/TR/APA)