500 und 200 Euro Geldscheine

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Equal Pay Day: Frauen haben 2019 bis heute gratis gearbeitet

Heute ist Equal Pay Day – dieser Tag soll auf die Lohnschere zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen. Laut aktuellsten Zahlen der Statistik Austria haben Frauen in Österreich im Durchschnitt nur 84,4% der Einkommen von Männern. Frauen arbeiten heuer also bis zum 26. Februar unbezahlt – und bekommen erst ab diesem Tag für ihre Arbeit gleichviel wie ihre männlichen Kollegen.

Der Equal Pay Day ist eine Initiative von Business and Professional Women. Er steht symbolisch für den Tag, bis zu dem Frauen unbezahlt arbeiten verglichen mit Männern, die ab dem 1. Jänner des Jahres bezahlt arbeiten.

Frauen verdienen im Schnitt, wenn sie ganzjährig Vollzeit angestellt sind, 36,985 € brutto im Jahr, Männer hingegen 43,838 €. Das ist ein Unterschied von 15,6 Prozent. „Vergleicht man aber die Brutto-
Stundenlöhne, kommen wir sogar auf einen Unterschied von rund 20 Prozent,“ erklärt Katharina Mader, Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien, die verstärkt zum Thema Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt forscht. Das liegt daran, dass bei den Stundenlöhnen alle Erwerbstätigen in Österreich verglichen werden, also auch Frauen und Männer, die in Teilzeitverhältnissen arbeiten.

Menschen bei der Arbeit im Büro bei einer Präsentation

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„Dass Frauen weniger pro Stunde bezahlt bekommen, liegt auch stark daran, dass sie vermehrt in Teilzeit arbeiten." 80 Prozent der Teilzeitjobs werden von Frauen übernommen, „diese sind im Durchschnitt pro Stunde schlechter bezahlt als Vollzeitanstellungen. Außerdem sind viele Stellen, vor allem im höherqualifizierten Bereich, gar nicht als Teilzeitstellen verfügbar,“ so die Ökonomin.

Innerhalb eines Jahres hat sich die Lohnschere nur minimal verkleinert. 2018 lag das Minus bei 15,9 Prozent - das heißt, Frauen haben einen Tag mehr gratis arbeiten müssen, um auf denselben Lohn wie Männer zu kommen.

Ö3-Reporterin Denise Roithmair hat im Ö3-Wecker berichtet:

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In welchen Branchen sind die Einkommensunterschiede am größten?

(Verglichen an jenen Branchen, in denen in Österreich die meisten Menschen arbeiten)

  • Verwaltung / öffentlicher Dienst:
    Die meisten Frauen in Österreich sind in der Verwaltung tätig, nämlich knapp 370.000. Dort ist die Lohnschere derzeit mit 10 Prozent Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen relativ gesehen geringer. „Das liegt unter anderem daran, dass für den öffentlichen Dienst auch das Transparenzgesetz gilt. Das heißt, es müssen die Löhne offengelegt werden“, sagt Sabine Wagner-Steinrigl von der Gleichstellungsanwaltschaft Österreich.
    Das Einkommens-Transparenz-Gesetz wurde stufenweise 2011 eingeführt, derzeit müssen Unternehmen ab 150 Beschäftigten die Lohnverhältnisse von Männern und Frauen offenlegen. „Diese Transparenz wünschen wir uns viel flächendeckender, und auch sollten die Berichte vereinfacht und leichter auszuwerten sein“, sagt Wagner-Steinrigl von der Gleichstellungsanwaltschaft Österreich, die diskriminierte Menschen bei der Durchsetzung ihres Rechts auf Gleichbehandlung berät und unterstützt.
  • Handel:
    Die Branche, in der die zweithöchste Zahl von weiblichen Arbeitnehmerinnen beschäftigt ist. Im Handel verdienen Frauen im Schnitt ca. 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. „In gewissen Branchen ist das Lohnniveau grundsätzlich niedriger. Viele Frauen und Mädchen entscheiden sich nach wie vor in den klassischen Bereichen ihre Lehre zu beginnen, wie Einzelhandelskauffrau und Friseurin. Dort gibt es zwar kollektivvertragliche Regelungen, trotzdem sehen wir da nach wie vor einen Unterschied in der Bezahlung“, sagt Sabine Wagner-Steinrigl.
  • Gesundheits- und Sozialwesen:
    In dieser Branche arbeiten etwa 250.000 Frauen. Die Einkommensschere liegt hier bei etwa 13 Prozent. Mit fast 70 Prozent Frauenanteil ist die Pflege- und Gesundheitsbranche sehr stark von Frauen getragen.

Den Pay Gap allein anhand der Branchen zu messen, würde aber kurzgreifen. „Aus Studien wissen wir, dass in Branchen mit niedrigerem Lohnniveau die Lohnschere kleiner ist. Das liegt auch daran, dass in den Niedriglohnsektoren fast ausschließlich Frauen arbeiten. Je höher Frauen steigen, desto akademischer Berufe werden, desto größer wird aber auch der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen.“ Je höher die Position, desto größer auch der Druck auf Frauen, Vollzeit zu arbeiten, keine Auszeiten zu nehmen – haben Frauen aber Teilzeitphasen oder Karenzen hinter sich, wird oft von Seiten der Arbeitgeber mit der geringeren Erfahrung gegenüber den männlichen Kollegen argumentiert.

Frau schlichtet Regale in einem Supermarkt

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Frauen arbeiten häufiger als Männer in schlecht bezahlten Berufen.

In welchen Bundesländern ist die Lohnschere am größten?

In Wien ist der Gehaltunterschied zwischen Männern und Frauen am geringsten. Dieser liegt nur bei etwa 6 Prozent. „Das liegt aber auch daran, dass große Teile der Verwaltung, der öffentliche Dienst in Wien sehr stark vertreten sind und auch die Stadt als Arbeitgeber sehr groß ist. In diesen Bereichen sind die Lohnniveaus generell eher ausgeglichen", so Mader.
Danach folgen Niederösterreich mit 15,3 Prozent und Kärnten mit 16,1 Prozent.
Am höchsten ist der Pay Gap in Vorarlberg mit 24,7 Prozent, Oberösterreich mit 20,7 Prozent und Tirol mit 19,2 Prozent.

„Wir sehen beim Gender Pay Gap auch ein Stadt-Land-Gefälle“, so Mader. Viele Frauen seien am Land im traditionell eher niedrig bezahlten Dienstleistungssektor tätig, dazu kommen Betreuungsengpässe, da viele Kindergärten am Land schon zu Mittag zusperren. Außerdem spielen vielerorts traditionelle Rollenbilder und die damit zusammenhängende Arbeitsaufteilung zwischen Mann und Frau am Land eine größere Rolle als in Städten.

Warum gibt es diese Lohnschere?

Eine einfache Antwort gibt es auf diese Frage nicht: Sogenannte „harte Faktoren“ wie Berufswahl, Studienwahl oder Elternzeit spielen ebenso ein Rolle wie Unterschätzung der weiblichen Kompetenzen, Zurückhaltung der Frauen bei Verhandlungen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und familiäre Situationen, wie pflegebedürftige Verwandte (noch immer wird der Großteil der Heimpflege von Frauen erledigt). „Allen voran sehen wir das Problem aber sehr stark in strukturellen Gegebenheiten“, so Mader.
„Das Problem, dass wir sehen, hat sich seit 40 Jahren kaum verändert. Frauen sind am Arbeitsmarkt benachteiligt, und das hat mehrere Gründe“, so Sabine Wagner-Steinrigl.

Grundsätzlich arbeiten heute so viele Frauen wie noch nie. Aber sie suchen sich oft traditionell Branchen aus, die schlechter bezahlt sind. Die Top drei Lehrlingsberufe bei jungen Frauen sind nach wie vor Einzelhandel, Bürokauffrau, Friseurin. „Junge Männer, sehen wir oft, gehen in eher technische Berufe, bzw. werden auch früh schon mehr in diese Richtung gefördert. Diese Berufe sind auch besser bezahlt“, so Mader. Dazu kommt die Möglichkeit, dass Frauen durch eine Schwangerschaft ausfallen könnten. „Für viele Arbeitgeber ist das nach wie vor ein Grund, Frauen weniger zu fördern, sie bei Gehaltserhöhungen zu übersehen oder sie erst gar nicht für Führungspositionen in Betracht zu ziehen“, so Wagner-Steinrigl.

Ein Mann und eine Frau stehen auf einer Wippe

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Nur etwa 4 Prozent der Elternteile, die Kindergeld beziehen, sind Männer. Das zeigt, dass Kundenbetreuung immer noch Frauensache ist. „Vielerorts herrscht dazu noch ein sehr traditionelles Frauenbild. Das heißt, die statistische Annahme, dass Frauen mal aus dem Job aussteigen bzw. schwanger werden, verwehrt den Frauen auch oft Aufstiegschancen und damit bessere oder faire Gehälter“, sagt Mader. Für Wagner-Steinrigl kommt hinzu, dass viele Frauen gar nicht wissen, wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen. "Oft erfahren sie das erst, wenn der eine oder andere das Unternehmen verlässt, fallen dann aus allen Wolken, weil sie die gleiche Arbeit für viel weniger Geld verrichtet haben. Viele dieser Frauen wenden sich dann an uns, die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Außerdem würde es auch eine große Ungerechtigkeit in der Anrechnung der Vordienstzeiten geben, so Wagner-Steinrigl. HTL-Zeiten, die überwiegend von Burschen eingereicht werden, werden eher angerechnet als beispielsweise HBLA-Zeiten, so die Expertin.

Welche Maßnahmen müssen getroffen werden?

Um die Stellung der Frau am Arbeitsmarkt zu verbessern, sind viele verschiedene Maßnahmen wichtig, die dabei ineinander greifen müssen. „Wir treten sehr dafür ein, dass auf politischer Ebene mehr passieren muss. Beispielsweise müsste die Transparenz in Unternehmen drastisch erhöht werden. Außerdem muss mehr Bewusstsein geschaffen werden für das Thema“, so Wagner-Steinrigl. Dazu kommt, dass, wie erwähnt, Frauen sich nach wie vor für klassische Berufe entscheiden, weil nach wie vor viele Berufe männlich konnotiert sind. „Frauen in die Technik, ist ein Beispiel. Also einfach mehr Bewusstsein auch für junge Frauen, welche Berufe es gibt. Wir wissen, dass Frauen aus einem Pool von etwa zehn Berufen wählen, während Burschen fünfmal so viele Berufe in Betracht ziehen“, so Mader. Diese Branchen für Frauen attraktiver zu machen, junge Mädchen auch in diese Richtung zu fördern, wird damit auch Aufgabe der Politik, der Schulen und der Eltern sein.

Weiters hält Mader auch eine Quote für Unternehmen für eine Möglichkeit, den Pay Gap zu schließen. „Wir wissen aus internationalen Studien, dass in Unternehmen, in denen es mehr weibliche Führungskräfte gibt, auch das Lohnniveau der Frauen gestiegen und fairer geworden ist. Also muss man offenbar dafür sorgen, dass Frauen vermehrt in Führungspositionen kommen.“
Aus internationalen Studien geht ebenfalls hervor, dass der Pay Gap verringert werden kann, wenn mehr Männer in die unbezahlte Arbeit eingebunden werden. Also in Elternzeit gehen oder Karenzen in Anspruch nehmen. Mader: „Wenn alle Arbeitnehmer potentiell ausfallen können und in Karenz gehen, dann wird der Wettbewerbsvorteil der Männer gegenüber Frauen, dass den Männern zugeschrieben wird, dass sie weniger zu Hause bleiben, einfach geringer.“
Auch am Ausbau der Kinderbetreuung müsse laut Expertinnen gearbeitet werden. Eine adäquate und flächendeckende Kinderbetreuung müsse gegeben sein, um zumindest die Rahmenbedingungen für eine fairere Situation am Arbeitsmarkt zu schaffen.

In Österreich werden seit Jahren zwei Tage der Einkommensgerechtigkeit begangen, was auf die Berechnungsmethode zurückzuführen ist. Neben dem Equal Pay Day im Frühling gibt es auch einen Herbsttermin.

„Ö3-Wecker“ mit Philipp Hansa, 26. Februar 2019 (Denise Roithmair)