„Zwei Sekunden entscheiden“: Mehrheit fährt zu knapp auf
„Zwei Sekunden entscheiden“ lautet der Slogan. Das ist die gängige Faustregel für den Abstand auf der Autobahn. Hier wird eine fixe Stelle auf der Fahrbahn fixiert, sobald das vorherfahrende Auto diese Stelle passiert, beginnt man langsam 21, 22 zu zählen. Erst dann darf man selbst den angepeilten Punkt erreichen, sonst ist der Abstand zu gering, lernt jeder Führerscheinneuling bereits in der Fahrschule. Nur jeder vierte wusste bei der Umfrage, wie groß die Distanz bei 130 km/h sein soll - es sind 70 Meter.
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Abstand oft reine Gefühlssache
„Zu wenig Wissen, zu wenig Gefahrenbewusstsein und krasse Fehleinschätzungen - das ist das gefährliche Risikogemisch beim Thema Abstand. Es geht darum, das eigene Verhalten zu überdenken“, fordert Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer. Das IFES-Institut hat im April im Auftrag der Asfinag 1.000 Lenker befragt. Zwei Drittel gaben dabei an, dass der Sicherheitsabstand für sie reine Gefühlssache ist. Nur jeder Fünfte zählt auch die Sekunden und konnte den korrekten Abstand angeben. 75 Prozent sagen zwar, dass sie zwei Sekunden Abstand immer oder meistens einhalten. Die Hälfte schätzt aber die Länge ihres üblichen Sicherheitsabstand bei 130 km/h mit maximal vier Fahrzeuglängen ein - das sind nicht einmal 20 Meter und damit 50 zu wenig.
Gleichzeitig bezeichnen 61 Prozent zu geringen Abstand anderer - dichtes Auffahren oder Drängeln - als das Verhalten, durch das sie sich am öftesten und stärksten gefährdet fühlen. Fast die Hälfte - 47 Prozent - berichteten auch von eigenem Drängeln aufgrund von Ungeduld. Auch bei optimalen Bedingungen wie guter Sicht und ausgeruhte Fahrer kann im Ernstfall mehr als eine Sekunde bis zum Tritt auf die Bremse (Reaktionszeit) vergehen, die dann erst die volle Kraft entfalten muss. Die zweite Sekunde dient also zum Ausgleich etwaiger Bremswegunterschiede. Nur wer ausreichend Abstand hält, hat also überhaupt eine Chance, eine Kollision zu vermeiden.
Beitrag aus der „Ö3-Drivetimeshow“
Ö3-Reporter Jürgen Freimuth hat sich bei den Ö3-Hörern umgehört, wie gut sie über den nötigen Sicherheitsabstand bescheid wissen:
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Zu wenig Abstand ist ein Vormerkdelikt
Die Asfinag wird in den kommenden Wochen an acht Stellen auf mehreren Autobahnen eine orange Markierung anbringen, damit Lenker den eigenen Abstand überprüfen können. Die Länge der Markierung entspricht dem Weg, der bei der vor Ort erlaubten Höchstgeschwindigkeit in zwei Sekunden zurückgelegt wird. Die neue Kampagne lässt sich das staatliche Autobahn- und Schnellstraßenunternehmen 1,1 Millionen Euro kosten. 250 Plakate werden auf Autobahnen und Schnellstraßen angebracht.
Jeder achte Unfall mit Verletzten auf Autobahnen ist jedes Jahr die Folge von zu wenig Sicherheitsabstand. Und in Kombination mit anderen Ursachen, etwa Ablenkung oder zu hohes Tempo, ist mangelnder Abstand Mit-Ursache bei fast jedem zweiten - auch tödlichen - Unfall.
Geregelt ist der Sicherheitsabstand in der StVO. Die Zwei-Sekunden sind dort nicht festgeschrieben, jedoch ein Abstand, dass jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, „auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird“. Ein Sicherheitsabstand zwischen nur 0,2 bis 0,4 Sekunden ist eines der Vormerkdelikte. Bei Abständen unter 0,2 Sekunden wird der Führerschein wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Und extreme Abstandsunterschreitungen können als Nötigung gewertet und bestraft werden.
„Ö3-Drivetimeshow“ mit Olivia Peter, 24. Mai 2019 (APA)