Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer und seine Tochter

Clemens Stadlbauer

Home-Sweet-Homeoffice: Tag 4

No-Future-Stimmung im Home-Office. Nachdem jetzt ernsthaft überlegt wird, die Sommerferien zu verkürzen, hat die Corona-Krise nun endgültig auch meine neunjährige Tochter erreicht.

Im Vergleich zu dieser Hiobsbotschaft sind meine eigenen Sorgen ziemlich vernachlässigbar. Der US-Playboy stellt seine Printausgabe ein, und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis diese kulturelle Krise auch Europa erreicht. Aber Schule im Hochsommer? Das Schwimmbad fällt ins Wasser? Haben die denn im Stadtschulrat alle einen Schatten? Meine Tochter ist zutiefst empört und droht heute im Home-Office mit Streik. Friday for Future.

Playboy-Cover

ROBYN BECK / AFP / picturedesk.com

Der US-Playboy stellt seine Printausgabe ein.

Auch nicht gut, aber irgendwie verständlich: Die Parks sollen eventuell geschlossen werden. Ich war gestern Abend wieder Laufen auf den Steinhofgründen. Der reinste Hindernisparcours, wenn man bedenkt, dass man um andere Menschen einen großen Bogen machen soll. Aber gut für den Trainingseffekt, weil sich die Strecke dadurch deutlich verlängert und man elastisch in den Hüften bleibt. Wenn der Frühling erwacht, werden die Leute der Gefahren offenbar schnell müde.

Beim Laufen ist der Weg mein Ziel. Bei meinem Arbeitsweg ist es die Redaktion. Wir versuchen auch hier im Home-Office, unsere tägliche Routine halbwegs aufrecht zu erhalten. Ich stehe wie gewohnt um 5.45 Uhr auf, obwohl durch den Wegfall der An- und Abreise zum Büro der Tag plötzlich so viel länger ist. Zweieinhalb Stunden gewinne ich dadurch täglich. Viel Zeit, die ich paradoxerweise aber jetzt, da keine Termine anstehen und es weniger hektisch zugeht, gar nicht brauche.

Marathonläufer als Schatten auf dem Asphalt

APA/GEORG HOCHMUTH

Es sei denn, das Internet wird langsamer. Gestern hat’s zwischenzeitlich ein bissl gebröselt, aber heute flutscht es wieder. Ein Kompliment an alle Netzbetreiber, obwohl ich schockiert bin. Meine Bildschirmzeit am Handy hat sich diese Woche bei vier Stunden im Schnitt eingependelt. Also exakt so lange, wie es früher gebraucht hat, um ein Fax zu schicken. Die Zeit am Laptop dazu gerechnet, ergibt in Summe einen potenziellen Brain-Damage, der Influencern schon gefährlich nahe kommt.

In meinem analogen Kalender habe ich heute den Eurovision Song Contest durchgestrichen. Von wegen Rotterdam, here I come. Glastonbury, Englands größtes Festival, bei dem heuer u.a. Paul McCartney und Taylor Swift aufgetreten wären, ist auch schon abgesagt. Dort wäre ich zwar eh nicht hingefahren, aber dafür nach Nickelsdorf zum Nova Rock. Noch besteht Hoffnung, aber ich befürchte, das wird heuer auch nix am Acker des Rock’n’roll. Maximal der Kopfsalat wird dort im Sommer einsam im Wind seinen Head bangen.

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauers Tochter

Clemens Stadlbauer

Meine Tochter ist auch gerade draußen in der Natur unterwegs. Ganz alleine natürlich. Wiesenblumen, lautet ihr heutiges Thema im Sachunterricht. Es ist schön, zu beobachten, wie sie auf Bäume klettert und im Gras chillt. Schaut aus, als ob alles ganz normal wäre. Doch der Schein trügt. Ich höre weit und breit kein Kinderlachen.

Der Blog-Eintrag vom vorigen Tag zum Nachlesen:
Home-Sweet-Home-Office: Tag 3

Song Contest
Clemens Stadlbauer

Milenko Badzic

Clemens Stadlbauer

Aus der Ö3-Musikredaktion...

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt.
Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.

„Der Ö3-Wecker“ mit Robert Kratky, 20. März 2020