Homeoffice - Tag 35: Fuck You I Won’t Do What You Tell Me

Andere zählen Schäfchen, ich zähle abgesagte Veranstaltungen. Es sind so viele, dass ich das Wochenende hier im Homeoffice im Tiefschlaf verbracht habe. Wake me up, when September begins.

Nachdem schon länger klar war, dass ich heuer nicht zum Nova Rock fahre, ist jetzt seit Freitag auch fix, dass ich heuer nicht zum Frequency fahre. Dazwischen mache ich auch keine Abstecher zum Lovely Days in Eisenstadt, zum Electric Love am Salzburgring und auch nicht zum Gmunden-Open-Air. Lenny Kravitz, Judas Priest und RAF Camora auf der Burg Clam lasse ich definitiv aus, Sting am Linzer Domplatz, Iron Maiden im Wiener Neustädter Stadion sowie Die Ärzte und Die Toten Hosen am Grazer Messegelände sind auch keinen Ausflug mehr wert.

Ich wohne in Wien-Hütteldorf. Mit dem 49er sind es nur zehn Straßenbahnstationen zur Wiener Stadthalle. Diese Nähe zu Österreichs größter Indoor-Location habe ich immer sehr geschätzt. Seit Freitag ist die Wiener Stadthalle aber selbst für mich in weite Ferne gerückt. Pearl Jam spielen heuer im Sommer dort nämlich nicht, Aerosmith auch nicht, The Killers nicht, Sunrise Avenue nicht.

Auch aus dem geplanten Trip in meine Heimatstadt Linz, wo im Juli auf der neuen Konzert-Location an der Donaulände Wanda, Folkshilfe und Edmund groß aufgespielt hätten, wird nichts. Und auch Kurt Ostbahn im Strandbad Podersdorf fällt ins Wasser. Wobei Burgenland sowieso ein ganz eigenes Thema ist, das nach dem Badeverbot für Wiener im Neusiedlersee hier in diesem Blog extra einmal abgehandelt werden muss. Und das wird garantiert nur halb so lustig wie ein Burgenländer-Witz, also gar nicht lustig.

Jetzt hoffen alle auf den September. Ich natürlich auch. Aber ganz ehrlich? Machen wir uns doch nichts vor. Wir werden auch im Herbst auf keine Konzerte gehen. Schon gar nicht aufs Wiener Donauinselfest. Allein schon die Vorstellung, an drei Tagen mit drei Millionen Menschen auf der Insel abzuhängen, sprengt jede Intensivbettenkapazität. Besonders leid tut es mir auch für Pizzera & Jaus, die ihre von April auf Mai auf September verschobenen Konzerte in der Wiener Stadthalle wahrscheinlich ein weiteres Mal verschieben werden müssen. Am besten gleich auf 2021.

Für mich persönlich ist der 12.9. das wichtigste Datum des Jahres. Da kommen Rage against the Machine in die Wiener Stadthalle. Ich habe die kalifornische Ausnahmeband einmal beim Nova Rock live erleben dürfen. Bis heute habe ich mich nicht gänzlich von der Wucht dieses Auftrittes erholt. Ich muss sie unbedingt wiedersehen. Falls RATM aber auch abgesagt werden sollten, drehe ich endgültig durch. Dann stelle ich mich vor die Halle und schreie ganz laut: Fuck you, I won’t do what you tell me!

Es ist alles so unerfreulich. Dank des ABBA-Schwerpunktes auf ORF III konnten wir uns am Wochenende aber wenigstens kurz in eine heile Welt flüchten. Wehmütig habe ich mich dabei an das Interview erinnert, das ich 2016 in Stockholm mit Björn Ulvaeus führen durfte. Ein absolutes Highlight meiner beruflichen Karriere. Einen viel berühmteren Menschen kann man wohl kaum treffen, dementsprechend nervös war ich auch davor. Völlig umsonst, wie sich dann heraus gestellt hat, weil er supernett war.

ABBA wollen heuer noch zwei neue Songs veröffentlichen. Hoffentlich kommen die vier Musiklegenden bis dahin halbwegs gesund durch die wahnwitzige Corona-Maßnahmenpolitik der schwedischen Regierung. Denn nur weil sie jetzt schon unsterblich sind, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht auch erkranken können. Am Samstag feiert Björn Ulvaeus übrigens seinen 75. Geburtstag. Alles Gute!

Der vorige Blog-Eintrag zum Nachlesen:
Home-Sweet-Homeoffice: Tag 32

Aus der Ö3-Musikredaktion...

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt.
Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.

(CS)