Ablenkung Studie ÖAMTC

Wilhelm Bauer/ ÖAMTC

Ablenkung am Steuer wird unterschätzt

In der Unfallstatistik 2019 zählte Unachtsamkeit/Ablenkung mit 31,4 Prozent weiterhin zu den häufigsten Unfallursachen im österreichischen Straßenverkehr.

Eine aktuelle Fahrstudie des Mobilitätsclubs, die gemeinsam mit dem ADAC im ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdorf mit 45 Probanden durchgeführt wurde, untersuchte mögliche Auswirkungen unterschiedlicher Nebentätigkeiten auf das Fahrverhalten und die Verkehrssicherheit beim Lenken von Pkw, Fahrrad und E-Tretroller. Im Rahmen der Studie konnten bei allen untersuchten Nebentätigkeiten, dazu zählten u. a. das Hantieren mit Gegenständen, das Trinken aus der Wasserflasche, die Verwendung des Smartphones sowie die Nutzung des Navis während der Fahrt, gravierende Beeinträchtigungen der Fahraufgabe nachgewiesen werden – unabhängig vom Fahrzeugtyp.

Bei Testfahrten mussten Aufgaben erfüllt werden, die in der Realität häufig gemacht werden. Dabei wurde aufgezeigt, dass ablenkende Tätigkeiten zu massiven Fahrfehlern führen: So wären neun von zehn Autofahrern mit einem plötzlich auftauchenden Hindernis kollidiert und mehr als ein Drittel der Probanden überfuhren zumindest einmal die Mittellinie, was in einer realen Situation dazu führen würde, dass sie zwischen 3,5 und 4 Sekunden im Gegenverkehr landet. Das Fazit von ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger: „Jede ablenkende Tätigkeit, die wir untersucht haben, so banal diese auch erscheinen mag, hatte messbare Auswirkungen auf das Fahrverhalten. Unsere Probanden haben sich dabei oft besser eingeschätzt als sie tatsächlich waren. Die Fehlinterpretation der eigenen Leistung kann zu gefährlichen Unfällen führen.“

Ablenkung Studie ÖAMTC

Wilhelm Bauer/ ÖAMTC

Risikobewusstsein nicht ausreichend ausgeprägt

Besonders fielen bei den Testfahrern gravierende Spurhaltefehler, eine veränderte Fahrdynamik, verminderte Handzeichensetzung und eine reduzierte Anhalte-Bereitschaft an Hindernissen und Verkehrszeichen auf.
Für die Probanden mit einspurigen Fahrzeugen waren die Aufgaben ebenso fordernd, wenn sie mit einem Smartphone oder einer Wasserflasche zu hantieren hatten oder die richtige Blicktechnik anwenden sollten, ohne dabei die allgemeinen Verkehrsregeln zu missachten. Dabei kam es trotz umfangreicher Sicherungsmaßnahmen zu massiven Fahrfehlern und sogar zu Stürzen

Stärkere Bewusstseinsbildung um Ablenkungsgefahren

In der Theorie sind sich Lenker in der Regel darüber bewusst, welche Ablenkungen zu gefährlichen Fahrfehlern führen können. Eine repräsentative Online-Umfrage des ÖAMTC zeigte auf, dass Gespräche mit dem Bei-/Mitfahrer, Bedienen von Geräten und Telefonieren während der Fahrt oder das Hören von Musik mitunter am häufigsten als ablenkende Tätigkeiten eingeschätzt werden. „Die Ergebnisse aus unserer aktuellen Fahrstudie zeigen, dass Gefahren durch Ablenkung am Steuer unterschätzt werden. Die Risiken und möglichen Folgen sollten daher stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit von Lenkern aller Fahrzeugtypen gerückt werden, etwa im Rahmen der Fahrausbildung“, so die Verkehrspsychologin.

Ö3-Nachrichten mit Rainer Hons, 2. Juli 2020 (APA/KG)