Mann und Frau im Dunkeln

Unsplash

Neue Spuren durch True-Crime-Podcasts

Verbrechen kommen gut an, zumindest in Podcasts. Das True-Crime-Genre boomt, wobei manche Podcasts nicht nur den Anspruch haben, Krimifans zu unterhalten, sondern auch bei der Aufklärung mitzuwirken.

Das beste Beispiel ist jener US-Podcast, der den weltweiten Podcast-Boom erst losgetreten hat: „Serial“. In der ersten Staffel wird der Fall des verurteilten Mörders Adnan Syed aufgerollt. Der zum Tatzeitpunkt 17-Jährige soll in einem Vorort der US-Stadt Baltimore seine Ex-Freundin ermordet haben. Der Podcast des „Serial“-Teams hat so viele Fragen aufgeworfen, dass eine gerichtliche Neuverhandlung des Falls zur Debatte gestanden ist. Dem hat der Supreme Court letztlich aber nicht zugestimmt.

Dunkles Berlin

Der ARD-Podcast „Wer hat Burak erschossen?“ wiederum hat neue Perspektiven in einen Fall gebracht, der seit vielen Jahren unaufgeklärt ist. 2012 wird in Berlin-Neukölln der damals 22-jährige Burak Bektaş auf offener Straße erschossen. Ein Verdacht, der im Podcast geäußert wird und sich im Laufe der Zeit erhärtet: Die Polizei habe in Bezug auf einen möglichen rechtsextremen Tathintergrund nicht ausreichend ermittelt. (Der Podcast ist inzwischen aktualisiert worden und zum zweiten Mal ausgestrahlt worden.)

Silhouette eines Mannes hinter einer Scheibe

Unsplash

Dunkle Spuren

Auch in Österreich widmen sich mittlerweile mehrere Podcasts echten Verbrechen, ein Podcast sticht allerdings heraus: der Kurier-Podcast „Dunkle Spuren“. Dieser Podcast beschränkt sich nicht darauf, spektakuläre Verbrechen einfach nur nachzuerzählen. Das Format rollt österreichische Fälle auf, die als Cold Cases gelten - angereichert mit aktuellen Interviews von Angehörigen, Anrainer*innen, zuständigen Ermittler*innen, Reportageelementen etc.

Im Gegensatz zu den vorher genannten internationalen True-Crime-Podcasts ist es bisher aber weniger darum gegangen, Justizskandale aufzudecken, sondern unaufgeklärte und schon länger zurückliegende Verbrechen wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Oft handelt es sich dabei um Todes- oder Vermisstenfälle.

Zeug*innen im Dunkeln

Der Weg, den die „Dunkle Spuren“-Redaktion dabei geht: Sie arbeitet eng mit den Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt zusammen. Die Behörden erhoffen sich davon, dass sich so neue Zeug*innen melden, besonders in Fällen, in denen man schon länger auf der Stelle tritt. „Nichts ist schlimmer, als wenn es in einem Kriminalfall keine Bewegung gibt,“ sagt Kurt Linzer von der Cold-Case-Abteilung des Bundeskriminalamts, der regelmäßig in dem Podcast zu Wort kommt. Man sei froh über jeden einzelnen kleinen Hinweis aus der Bevölkerung.

Oft gäbe es Zeug*innen, die glauben, die Polizei wisse eh schon alles. Diese Menschen wolle man durch den Podcast erreichen und zum Reden bringen, sagt Linzer. In diesem Zusammenhang nennt er auch eine niederländische Studie, wonach es in 40 Prozent der unaufgeklärten Mordfälle Mitwisser*innen gäbe. Im Laufe der Zeit würden nämlich viele Täter*innen anderen Menschen von ihren Verbrechen erzählen.

Dunkles Weinviertel

Tatsächlich melden sich nach manchen Podcast-Folgen bis zu 20 Menschen mit Hinweisen bei der Polizei. Besonders wenn es um Vermisste geht, ist die Resonanz groß. Aufgeklärt worden ist zwar noch kein Fall durch einen Hinweis aus dem „Dunkle Spuren“-Publikum, aber im Fall einer älteren Niederösterreicherin aus Laa an der Thaya, die 2017 nach dem Kirchgang spurlos verschwunden ist, hat ein Hinweis immerhin zu einer erneuten Suchaktion geführt.

Derzeit sei man außerdem nah dran an der Lösung eines Falles, erzählt Kurt Linzer. Nach der Ausstrahlung im „Dunkle Spuren“-Podcast sei ein entsprechender Tipp gekommen. Mehr Details will Linzer aus ermittlungstechnischen nicht verraten, außer: „Es gibt Grund, optimistisch zu sein.“

„Dunkle Spuren“ im „Treffpunkt Podcast"
Der Ö3-Podcast-Award

Ö3-Supersamstag mit Tom Filzer, 23. Jänner 2021 (Sarah Seekircher)