Reisen mit dem Zug

ÖBB

„1-2-3 Ticket“ fix - aber ohne W, NÖ und B

Die Öffi-Netzkarte für Österreich ist das Vorzeigeprojekt von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Ab 26.Oktober ist das Ticket zu haben, aber noch mit zahlreichen Ausnahmen und Schönheitsfehlern. Für Überraschung sorgt, dass das Ticket kommt, obwohl es noch keine Einigung mit allen Bundesländern gibt. Der Name ist auch neu. Aus „1-2-3 Ticket“ wird „Klimaticket Now“. Ein Ö3-Faktencheck.

Was bedeutet „1-2-3-Ticket“?

Die ursprüngliche Idee ist bestechend und simpel. Eine Öffi-Netzkarte für ein Bundesland sollte 1 Euro pro Tag kosten (also 365 Euro), für zwei Bundesländer 2 Euro pro Tag (also 730 Euro), für 3 Euro pro Tag (also 1.095 Euro) sollte man eine Netzkarte bekommen, mit der man alle Öffis (Bahn, Bus, Straßenbahn, etc.) in ganz Österreich ohne Ausnahme sorgenfrei nutzen kann. Überall, wo es Jahresnetzkarten gibt, wie etwa in Wien, steigen die Fahrgastzahlen, schlicht, weil es praktisch ist, nicht bei jeder Fahrt einen Fahrschein kaufen zu müssen. Der günstige Pauschalpeis ist aber nur möglich, weil Länder und Bund mitzahlen. Das tun sie deshalb, weil jeder von uns, der statt dem Auto die Öffis nutzt, auch die Umwelt schont. Unbestritten ist, dass wir den CO2-Ausstoß reduzieren müssen, um die Erderwärmung und die dramatischen Folgen des Klimawandels (Waldbrände, Unwetter, Vermurungen…) in den Griff zu bekommen. Dazu hat sich Österreich auch international im Rahmen der sogenannten „Klimaziele“ verpflichtet.

Logos der S-Bahn und der U-Bahn

GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Die Schweiz hat das längst, wieso nicht Österreich?

Das Öffi-Vorzeigeland Schweiz hat seit fast 100 Jahren ein Öffi-Ticket für die gesamte Schweiz, das sogenannte „Generalabo“. In Österreich kam es bis auf leere Versprechungen nie dazu, bis Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) dieses Vorhaben zu ihrem Thema machte. Dass das Ticket schon heute präsentiert wurde, ist überraschend, denn nicht mit allen Verkehrsverbünden konnte sich die Umweltministerin in zähen Verhandlungen einigen. Deshalb kommt das Ticket mit 26. Oktober mit noch mit einigen Schönheitsfehlern, also mit einigen Ausnahmen und Preisunterschieden.

Ganz Österreich um 1.095 Euro (3 Euro pro Tag)?

Beim Ticket für ganz Österreich konnte der Ursprungsgedanke des „1-2-3-Tickets“ noch am ehesten erreicht werden. Dieses wird es um genau den angekündigten Preis geben, und es gilt auch in ganz Österreich - bis auf die Wiener Linien und die Busse in Niederösterreich und Burgenland. Es gilt aber auf allen ÖBB-Strecken in Österreich inkl. der Wiener S-Bahn. So lange der Verkehrsverbund Ostregion nicht mitmacht, sprechen einige von einem faulen Kompromiss. Es ist aber zu erwarten, dass es auch hier noch zu einer Einigung kommt. Jedenfalls sind die Gespräche zwischen dem Umweltministerium und den Verkehrsverbund Ostregion (VOR) nicht abgebrochen.

Leonore Gewessler mit ernstem Blick

Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Ein Bundesland um 365 Euro (1 Euro pro Tag)?

In Wien gibt es seit 2012 die erfolgreiche Jahresnetzkarte der Wiener Linien um 365 Euro. Die Zahl der Jahreskarten steigt ständig; über 800.000 Wiener und Wienerinnen haben eine Jahresnetzkarte um 365 Euro, vor 2012 waren es nur halb so viele. In Wien besitzen mehr Menschen eine Jahreskarte für die Öffis als einen eigenen PKW. In vollen U-Bahn-Zügen in Wien hat fast jeder eine Jahresnetzkarte und keinen Einzelfahrschein; sogar die Zahl der Schwarzfahrer sinkt von Jahr zu Jahr. Ein Vorarlberg-Ticket kann man ebenfalls um 365 Euro bekommen, in den anderen Bundesländern gibt es unterschiedliche Preise. Das Ticket für ganz Tirol kostet etwa 490 Euro, ein Obersterreich-Ticket kostet die versprochenen 365 Euro, aber ohne die Städte Linz, Wels und Steyr. Nimmt man eine dieser Kernzonen dazu, kostet das Ticket deutlich mehr, nämlich 604 Euro. Noch gibt es kein Bundesland-Ticket für Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten. Diese sind aber ebenfalls versprochen.

Innsbrucker Verkehrsbetriebe Bus Straßehnbahn IVB

IVB - Innsbrucker Verkehrsbetriebe

Was kostet das „Klimaticket Now“ für ganz Österreich? Wo bekomme ich es?

Zu kaufen gibt es das Ticket schon ab 1. Oktober, online oder bei allen Verkehrsbetrieben, die mitmachen, daher auch an jedem Ticketautomaten der ÖBB. Wer schon vor dem 26. Oktober zuschlägt, bekommt einen Rabatt. Statt den regulären 1.095 Euro wird das „Klimaticket Now“ für Österreich 949 Euro und für alle unter 26 Jahren, Senioren und Menschen mit Behinderung nur 699 Euro kosten. Es gilt ab einem frei wählbaren Datum, frühestens ab dem 26. Oktober. Alle anderen ÖBB- und Verbundtickets gibt es weiterhin. Das hat den Vorteil, dass jeder für sich den besten Tarif ermitteln kann, es hat den Nachteil, dass es im Tarifdschungel unübersichtlich bleibt. Wer Öffis nützt, wird also immer einen Preisvergleich anstellen und prüfen, ob das neue „Klimaticket Now“ für ihn persönlich eine preiswerte Alternative ist.

Kann ich meine bestehende Netzkarte bequem umtauschen?

Ja, man kann seine bestehende Netzkarte jeweils zum Monatsletzten gegen das „Klimaticket Now“ umtauschen.

Darf der Arbeitgeber das „Klimaticket Now“ als Jobticket steuerfrei zur Verfügung stellen?

Gute Nachricht: Ja! Der Arbeitgeber kann das „Klimaticket Now“ steuerfrei zur Verfügung stellen oder die entsprechenden Kosten steuerfrei ersetzen.

Klimaticket now

„Ö3-Nachrichen“, 18. August 2021 (Albert Malli)