Forscher warnen vor Anstieg der Gletscherseen in Asien

Forscher der Universität Innsbruck und der Humboldt-Universität zu Berlin haben Modellrechnungen zur Gletscherschmelze in Hochasien durchgeführt. Im Laufe des Jahrhunderts könnte das Wasservolumen in Gletscherseen um das bis zu Zehnfache ansteigen. Dammbrüche würden wahrscheinlicher, hieß es in einer Aussendung am Freitag.

Der Glaziologe Fabien Maussion vom Innsbrucker Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften modellierte die Gletscherentwicklung für die Studie. Dabei wurde erstmals ein „eisdynamisches“ Modell verwendet. „Das heißt, dass wir eine physikalische Simulation der Bewegung des Gletschereises durchführten. Dadurch wird ersichtlich, wie und wo sich der jeweilige Gletscher zurückziehen wird“, erklärte Maussion. Der Klimaforscher ist federführend engagiert in der Anwendung und Weiterentwicklung des „Open Global Glacier Model“ (OGGM) in Innsbruck. Dabei handelt es sich um das erste offen zugängliche globale Modell zur Simulation der Entwicklung aller Gletscher weltweit. Es sei in der Lage, vergangene und künftige Massenbilanzen, das Volumen und auch die Geometrie von fast jedem Gletscher der Erde darzustellen, so die Verantwortlichen.

Der Klimawandel führt zum Gletscherschwund. Wo Gletscher schmelzen, können Gletscherseen entstehen - oftmals mit sehr instabilen Ufern und großem Gefahrenpotenzial. Als Folge eines Dammbruchs oder durch Flutwellen nach Lawinenabgängen oder Felsstürzen können sich enorme Wassermassen ins Tal ergießen, die noch viele Kilometer stromabwärts große Zerstörungskraft besitzen. Besagte Modellrechnungen mit neuesten Daten zeigen nun, dass sich in den Gebirgen Hochasiens als Folge des Klimawandels derart viele neue Gletscherseen bilden könnten, dass sich das in ihnen enthaltene Wasservolumen im Verlauf dieses Jahrhunderts gegenüber heute verzehnfachen könnte.

„Dass die zunehmende Gletscherschmelze mehr Gletscherseen entstehen lassen wird, ist seit langem bekannt. Das enorme Ausmaß und der genaue Verlauf dieser Zunahme wird jedoch erst jetzt deutlich“, wurde Wilhelm Furian, Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Doktorand am Geografischen Institut der Humboldt-Universität sowie Erstautor der im Journal „Frontiers in Earth Science“ erschienenen Studie, zitiert.

„Wir können noch gegensteuern“

Die Ergebnisse sollen nun dazu dienen, auf regionaler und lokaler Ebene zu untersuchen, welche dieser zukünftigen Seen besonders gefährlich werden könnten. Dann seien langfristig in Zusammenarbeit mit den Menschen an Ort und Stelle Anpassungsstrategien und Maßnahmen zu entwickeln, die helfen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

Die Erkenntnisse, die aus jenen hochaufgelösten Modelle gezogen wurden, zeigten klar: Die Eindämmung des CO2-Ausstoßes ist wesentlich. „Wir können noch gegensteuern“, betonte Maussion: „Es spielt eine entscheidende Rolle, ob die Welt einen nachhaltigen Weg einschlägt oder weiterhin ungebremst fossile Brennstoffe nutzt“.

(APA)