King Charles

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Charles kommt in neuer Staffel „The Crown“ nicht gut davon

Am Mittwoch startet die Fortsetzung der beliebten Netflix-Serie „The Crown“. Die Staffel widmet sich dem unrühmlichsten Kapitel in der Lebensgeschichte des neuen britischen Königs Charles III. Vom Rosenkrieg zwischen Charles und Diana bis hin zum „Tampon-Gate“ ist alles dabei.

Routinemäßig wirbelt jedes Jahr die gleiche Kontroverse um das Kronjuwel von Netflix: Sollte „The Crown“ und ihr Schöpfer Peter Morgan so locker mit den Fakten umgehen? Jetzt, da die Serie in den 1990er Jahren angekommen ist und Ereignisse behandelt, die nicht so weit zurück liegen, geht die Debatte tiefer denn je, unter anderem weil Prinz Charles im Drama mit zwei Politikern die Abdankung seiner Mutter beratschlagt, damit er König werden kann. Nicht gerade ein Vorzeigesohn.

Polarisierendes Drehbuch

Der ehemalige Premierminister John Major und sein Nachfolger Tony Blair waren nicht amüsiert und bezeichneten die Serie als „Fiktion“ und „kompletten Müll“. Die Schauspielerin Judi Dench, die für ihre Rolle als Elizabeth I. in dem Film „Shakespeare in Love“ (1998) einen Oscar als beste Nebendarstellerin gewann, hat das Drama „grobe Sensationsgier“ genannt. Netflix hat daraufhin einen Hofknicks gemacht und „The Crown“ zum ersten Mal unter dem Trailer als „fiktive Dramatisierung“ bezeichnet.

Man bekommt die Schlammschlacht zwischen dem Prinzen und der Prinzessin von Wales zu sehen, das pikante Sextelefonat, als Charles zu Camilla (gespielt von Olivia Williams) sagte, er wolle als ihr Tampon wiedergeboren werden und Dianas ikonisches „Rachekleid“. Aber die neue Staffel dreht sich im Guten wie im Schlechten letztendlich um Charles (Dominic West), der darauf wartet, dass seine steife „Mummy“ endlich das Zeitliche segnet - was fast schon taktlos ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Queen vor zwei Monaten gestorben ist.

Revival der 90er

Alles beginnt und endet mit ihr und einer nautischen Metapher. Die junge Königin, gespielt von Claire Foy, lässt die royale Yacht Britannia zu Wasser, in der Hoffnung, dass „dieses brandneue Schiff, wie Ihre brandneue Queen, zuverlässig und konstant sein wird, um jeden Sturm zu überstehen“. Als wir sie wiedersehen, hat sie sich in Imelda Staunton („Vera Drake“) verwandelt. Wir befinden uns Anfang der 1990er, und die Britannia fällt auseinander, genauso wie der Körper der alten Dame. „Denken Sie“, wird der Königin geraten, „an die Reparaturkosten, wenn sie doch ihre besten Tage bereits hinter sich hat“. Wieso sollte das der Steuerzahler übernehmen? Wieso die „alte Kreatur“ nicht einfach stilllegen?

Es lässt sich nicht leugnen, dass Peter Morgan bei all seiner Kritik immer noch einen pro-monarchistischen Standpunkt vertritt. Bis jetzt hat er das seltene Kunststück vollbracht, dass sein stattliches, preisgekröntes Drama, eine Mischung aus realer Gesellschaftspolitik und schicker Fantasie, mit jedem Mal besser wurde. Das kann man von der 5. Staffel nicht behaupten.

Abgesehen von den Schauspielern, die wieder ausgetauscht wurden, gibt es nicht viel Neues zu sehen. Elizabeth Debicki scheint für die Rolle der Diana geboren worden zu sein, während Imelda Staunton selbstbewusst in die sehr großen Fußstapfen von Olivia Colman tritt. Es ist nicht die Schuld dieser Schauspielerinnen, dass wir die Saga in- und auswendig kennen. Immerhin gibt es zahlreiche Filme und Dokumentationen. Zuletzt hat Kristen Stewart die „Königin der Herzen“ in Pablo Larraíns „Spencer“ 2021 gespielt.

Um es interessanter zu machen, muss Morgan also seine Fantasie spielen lassen. Es gibt eine Szene, in der Charles seiner nun Ex-Frau Diana einen Besuch abstattet und mit ihr flirtet und lacht, während sie ihm Eierspeise macht. Die Szene ist schlimmer als die matschige Sauerei auf seinem Teller. Sie ist auch sehr wahrscheinlich völlig frei erfunden, und man muss sich bisweilen fragen, ob Peter Morgan eine Farce im Sinn hatte. Superfans mögen den Kitsch vielleicht erdulden, aber um Morgans nautische Metapher auszuborgen: Die Flaggschiffserie von Netflix droht zu sinken.

(APA,dpa)