James Webb Teleskop

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Durchbruch des Jahres: James-Webb-Teleskop

Am 25. Dezember des Vorjahres startete das „James Webb Space Telescope“ nach mehreren Startverzögerungen ins All. Seither hat das größte und leistungsfähigste Teleskop, das je ins All gebracht wurde, für neue Einsichten in die unendlichen Weiten gesorgt.

Das Fachjournal „Science“ kürte das fast neun Milliarden Euro teure Gerät nun zum „Breakthrough of the Year“. An dem Großprojekt sind auch Austro-Forscher und eine Weltraumfirma aus Wien beteiligt.

Angelehnt an einen James Bond-Film betitelt „Science“ seinen Beitrag zu dem Wissenschafts-Highlight mit „Golden Eye“. Anders als in dem Streifen aus dem Jahr 1995 ist eine militärische Nutzung des Teleskops allerdings völlig ausgeschlossen. Bei dem Teleskop handelt es sich um eine Kooperation der Weltraumbehörden Europas, der USA und Kanadas.

Nach 20 Jahren Entwicklungszeit und zahlreichen damit verbundenen Rückschlägen erreichte das James-Webb-Teleskop Ende Jänner dann sein Ziel am „Lagrange-Punkt-2“, 1,5 Mio. Kilometer weiter entfernt von der Sonne als die Erde. Im Sonnensystem gibt es fünf solche Punkte, an denen sich die Gravitationskräfte von Sonne und Erde aufheben. Dort öffnete das Gerät dann sein „goldenes Infrarotauge“. Seit Mitte des Jahres eröffne es auch „in atemberaubenden, beispiellosen Details“ Einblicke in das Universum und seine Entstehung, heißt es seitens „Science“.

Entdeckung tausender Galaxien

Unmittelbar nach der vollständigen Inbetriebnahme konnten „Forscher mit der Entdeckung Tausender neuer Galaxien, die weiter entfernt und älter sind als alle zuvor dokumentierten“ aufwarten. Das James-Webb-Teleskop sei ein entscheidender Fortschritt zu dem unsere Sicht auf das All seit vielen Jahren prägenden „Hubble“-Teleskop. So lassen sich mit der neuen Technologie Signale in unterschiedlichen Infrarotwellenbereichen einfangen, was wiederum neue Erkenntnisse zu gerade entstehenden Sternen oder Planeten außerhalb unseres Sonnensystems (Exoplaneten) erlaubt. Wissenschafter haben „bereits damit begonnen, die atmosphärische Zusammensetzung von Planeten, die Hunderte von Lichtjahren von der Erde entfernt sind, sehr detailliert zu enthüllen“, was Rückschlüsse auf Welten erlaube, die vielleicht die Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben haben, heißt es in dem renommierten Fachmagazin.

Die Forscher wollen damit auch einen Blick zurück in das Weltall kurz nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren werfen. Das Herzstück des Geräts ist der Spiegel mit einem Durchmesser von 6,5 Metern.

Gemessen wird mit einer Vielzahl an Instrumenten wie Kameras und Spektrographen. Beides in einem ist das „Mid Infrared Instrument“ (MIRI), an dessen Entwicklung auch der Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien ab dem Jahr 2003 federführend beteiligt war. Dabei handelt es sich auch um eine Art virtuelles Labor im All, mit dem Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub detektiert werden kann. Aus den Daten lassen sich Rückschlüsse auf im All befindliche Moleküle ziehen und die Zusammensetzung von feinem Staub im Universum untersuchen.

Mit MIRI blickt man auch in die Kinderstube von Planetensystemen, die protoplanetaren Scheiben. Diese Gasscheiben haben die Größe eines ganzen Sonnensystems und umkreisen einen Stern. Aus dieser kosmischen Materialansammlung werden Planeten gebildet. Am Ende eines solchen Prozesses kann ein System wie das unsere entstehen.

Auch am Herzstück des All-Observatoriums waren österreichische Experten beteiligt: So lieferte die Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity (vormals Ruag Space) zwei hochpräzise Mechanismen für das „Superauge“ namens „NIRSpec“ (Near Infrared Spectrograph), eines der drei Hauptinstrumente des Teleskops. Dieses kann bis zu 100 Himmelskörper wie Galaxien oder Sterne gleichzeitig erfassen. Es kann noch tiefer ins All schauen und Bilder von deutlich weiter entfernten Himmelskörpern liefern als „Hubble“. Die Wiener Firma lieferte Geräte, die die präzise Halterung und Drehung eines Filterrades und eines Gitterrades des „Auges“ ermöglichen.

Unter die weiteren Durchbrüche des Jahres 2022 wurde zum Beispiel die Entdeckung einer Riesenmikrobe durch US-Mikrobiologen gereiht. Sie ist mit bloßem Auge sichtbar und wird bis zu fünf Zentimeter lang. Damit ist sie 5.000 Mal größer als viele andere Mikroben.

(APA/KO)