Teya & Salena - Schön schrill & schön schräg

„Who the hell is Edgar?”, Österreichs Song für Liverpool, hat heute im Ö3-Wecker Premiere gefeiert. Teya & Salena fahren mit fetten Dancebeats auf, mit Kirchengesang, und mit ernster Botschaft in lustigem Text. ESC-Fans in Osteuropa werden diesen Song lieben.

Der Shitstorm hierzulande ist ihnen gewiss. Aber den mussten auch schon Interpret:innen weit konventionellerer Song-Contest-Ware über sich ergehen lassen. Es ist wie bei der allseits beliebten Teamchef-Diskussion, nur geht’s halt statt Fußball um Musik. „Auf diesen Song kann man nicht vorbereitet sein“, lachen die beiden Freundinnen, für die sich mit der ESC-Teilnahme ein Mädchentraum erfüllt.

Wer zur Hölle ist aber dieser Edgar nun wirklich? Es ist Edgar Allen Poe, der Großmeister der düsteren Lyrik und Erfinder des Kriminalromans, der als Geist von den beiden Musikerinnen Besitz ergreift und ihnen den Songtext diktiert, weil sie selbst ja als Frauen dazu nicht in der Lage sind, wie sie immer wieder in der männlich dominierten Musikbranche zu hören bekommen. Und daher war es Teya & Salena, dem ersten weiblichen Duett, das Österreich beim Song Contest vertritt, auch so wichtig, diesen Song am Weltfrauentag zu präsentieren.

Warum aber ausgerechnet Edgar Allen Poe für diese Botschaft herhalten musste, scheint nicht ganz schlüssig, weil der erst posthum zum Superstar avancierte Autor zeit seines Lebens mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Aber da tut sich zumindest eine Parallele zur aktuellen Lebenssituation der beiden Jungautorinnen auf. Und ganz abgesehen davon, eignet sich der Name Poe rein lautmalerisch nun einmal viel besser für den stakkatohaften Refrain als etwa ein Shakespeare oder ein von Goethe.

So witzig der Song daher kommt, so ernst ist sein Background. „Als weibliche Songwriterinnen müssen wir uns mehr beweisen als männliche Kollegen“, erzählt Teya über ihre Erfahrungen aus Songwriting-Camps. „Da müssen wir immer mit Referenzen aufwarten, um überhaupt ernst genommen zu werden.“ Was bei ihnen oft zum Impostor-Syndrom führt, das suggeriert, es gar nicht verdient zu haben, dabei zu sein. „Und auch auf der Bühne passiert es mir oft, dass ich als Frau das Gefühl habe, von den männlichen Musikern nicht die Wertschätzung zu bekommen, die mir zusteht“, ergänzt Salena.

Die internationale ESC-Community wird die 22jährige Wienerin Teya und die 24jährige Steirerin Salena jedenfalls mit offenen Armen empfangen. Allzeit bereit für eine gute Party. Vorausgesetzt natürlich, dass das Staging für diesen außergewöhnlichen Song ebenfalls schön schrill und schön schräg ausfällt. Da wäre jetzt der Geist von Salvador Dalí vielleicht ganz hilfreich.

Aus der Ö3-Musikredaktion...

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt. Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.

„Ö3-Wecker“ mit Philipp Hansa, 8. März 2023