Teenager traurig

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Psychische Probleme bei Jugendlichen nehmen zu

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich in der Corona-Pandemie weiter verschlechtert. Das weisen die Österreich-Daten zur internationalen HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children Study) aus. Besonders deutlich zeigt sich das bei den älteren Mädchen. Auch die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen habezugenommen.

Für die von der WHO initiierte und alle vier Jahre durchgeführte Studie füllten diesmal insgesamt 7.100 Schülerinnen und Schüler zwischen November 2021 und Juli 2022 während einer Unterrichtsstunde online einen Fragebogen aus. Pro Schule nahmen ein oder zwei Klassen der Schulstufen 5, 7, 9 oder 11 (ausgenommen Sonderschulen) teil - die Jugendlichen waren also im Regelfall zwischen zehn und 17 Jahren alt. Dementsprechend gibt es auch Einzelauswertungen für jede Altersgruppe und nach Burschen und Mädchen. Internationale Vergleichsdaten gibt es noch nicht - die gesammelten Zahlen aller Teilnehmerstaaten werden erst Ende 2023 oder 2024 veröffentlicht.

Mädchen deutlich stärker betroffen

Die schon in den Studien davor zu beobachtenden Verschlechterungen der Indikatoren zur psychischen Gesundheit habe man erwartet, so Studienleiterin Rosemarie Felder-Puig (Gesundheit Österreich GmbH/GÖG) - sogar in einem noch deutlicheren Ausmaß. „Das Ergebnis ist aber trotzdem nicht beruhigend.“ So sind etwa 44 Prozent der Mädchen und 25 Prozent der Burschen häufig gereizt oder schlecht gelaunt. 30 Prozent der Mädchen und zwölf Prozent der Burschen äußerten, häufig niedergeschlagen zu sein.

Ganz generell zieht sich ein Trend durch die Studie: Während die Burschen im Vergleich zur Erhebung 2018 stabile oder etwas bessere Werte aufweisen (mit einigen Ausnahmen), sind die Verschlechterungen deutlich auf die Mädchen zurückzuführen. „Die Schere ist deutlich größer geworden“, meinte Felder-Puig. Dies betrifft vor allem die älteren Mädchen. Während es bei den Elfjährigen noch kaum Geschlechterunterschiede gibt, entwickeln sich die Werte mit Einsetzen der Pubertät deutlich auseinander.

Gesundheitsminister Johannes Rauch im Ö3-Interview

Im Ö3-„Wecker“-Interview mit Robert Kratky spielte Gesundheitsminister Johannes Rauch den der ÖGK zu, die für Therapieplätze zuständig ist.

Das Ö3-Redaktionsteam bemühte sich um ein Interview. Die Antworten der Gesundheitskassa wurden uns schriftlich übermittelt:

"Die psychotherapeutische Versorgung als Kassenleistung ist in allen Bundesländern über Versorgungsvereinen organisiert. In den letzten vier Jahren hat die ÖGK das Angebot massiv - um 300.000 Stunden auf 1,175 Mio. Stunden – ausgeweitet. Dabei wird auf vulnerable Gruppen, z.B. Kinder und Jugendliche besonders Rücksicht genommen. Zusätzlich zu diesem Angebot über Vereine werden psychotherapeutische Angebote auch in neue Versorgungsmodelle, wie beispielsweise Primärversorgungseinrichtungen, integriert. Durch den Ausbau des Angebotes sollte die Wartezeit auf einen Sachleistungsplatz reduziert werden. Wir sind aber auch mit einer wachsenden Nachfrage nach Psychotherapie konfrontiert. Daher kommt auch in unseren Gesundheitsförderungs- und Präventionsangeboten (z.B. für Betriebe, Schulen und im Rahmen der Frühen Hilfen) der Psychischen Gesundheit eine wichtige Rolle zu.

Als ÖGK arbeiten wir daran die Sachleistungsversorgung und die Rahmenbedingungen für Therapeut*innen zu verbessern. Durch Clearing-Prozesse sollen jene Patient*innen vorrangig eine Therapie erhalten, welche sie am dringendsten brauchen. Mehr Gruppentherapie-Angebote könnten sich, wo sie therapeutisch sinnvoll sind, positiv auf die Wartezeiten auswirken. Wir befinden uns diesbezüglich auch in Gesprächen mit dem Berufsverband.

Zur Kostenkalkulation der Harmonisierung und zum weiteren Ausbau der Versorgung können wir derzeit noch keine Angaben machen."

Anteil von Übergewichtigen wächst

Als zweiten Punkt neben der psychischen Gesundheit hob Rosemarie Felder-Puig noch die deutliche Zunahme der Zahl der übergewichtigen Kinder hervor. Auf Basis ihrer Selbstangaben sind 17 Prozent der Mädchen und 25 Prozent der Burschen übergewichtig oder adipös. 2014 waren es noch elf bzw. 17 Prozent - der Anstieg der Zahlen begann schon vor der Pandemie und hat sich in der Corona-Zeit noch einmal erhöht.

Grafik psychische Gesundheit

APA/WHO

Gleichzeitig hat es aber auch positive Entwicklungen gegeben: Seit 2018 hat sich der Obst- und Gemüsekonsum bei beiden Geschlechtern erhöht. „Wenn dann aber noch die Tafel Schokolade dazukommt, nützt das halt nicht sehr viel“, meinte Felder-Puig. Gleichzeitig ist nämlich auch der Konsum von Süßigkeiten deutlich gestiegen - vor allem bei Mädchen. Zugenommen hat auch die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die mehrmals pro Woche zumindest eine Stunde körperlich aktiv sind.

Deutlich zurückgegangen ist das vor einigen Jahren stark diskutierte Mobbing an den Schulen. So sank etwa der Anteil jener Schülerinnen und Schüler, die sich als Mobbing-Opfer sahen, von 2010 bis 2018 von knapp über 20 Prozent (Burschen) bzw. knapp über zehn Prozent (Mädchen) auf acht bzw. sieben Prozent. Seither blieben die Zahlen konstant.

Im Gesundheitsministerium ist man sich der Probleme in den Bereichen psychische Gesundheit und Übergewicht bewusst. So würden etwa schon seit längerem Programme wie der Wohlfühlpool oder „Ich schaffe das“ zur Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen laufen, betonte Jakob Weitzer von der Abteilung für Gesundheitsförderung und Prävention. Demnächst starte man auch eine Übersicht über alle Projekte zur psychosozialen Gesundheit - derzeit wisse man gar nicht, welche Angebote es gebe und wo noch Lücken bestehen. Ebenso läuft ein Programm zur Information von Büffetbetreibern an Schulen, wie diese ihr Angebot gesünder gestalten können. Derzeit überprüfe man gerade, inwieweit dieses auch umgesetzt werde.

Ö3-Interview mit Kinderpsychologin

Ö3-Reporter Wolfgang Böhmer hat mit der Leiterin der Kinderpsychiatrie & Jugendpsychiatrie in Hall über die österreichweit teilweise nicht tragbaren Zustände gesprochen:

Link:

Wohlfühl-Pool
Ich-schaffe-das

Ö3-Kummernummer als „Erste Hilfe“...

Der erste Schritt, der viel bewirken kann und sofort möglich ist: Probleme ansprechen, einfach mal drüber reden. Reden mit Menschen, die gut zuhören können und wissen, was der nächste gute Schritt sein könnte: Zum Beispiel bei der „Ö3-Kummernummer“ unter 116 123 oder bei „Rat auf Draht“ unter 147 – gratis und anonym aus ganz Österreich.

Die Ö3-Kummernummer - für dich da!

Der Ö3-„Wecker“, mit Robert Kratky, 14. März 2023, (APA/KO)