Elke Prochazka, Robert Kratky und Gabi Hiller

Hitradio Ö3

Psychische Erkrankungen: Kann TikTok mich diagnostizieren?

„Ein Test, um zu schauen, ob du ADHS hast“, „3 Dinge, die Anzeichen für Autismus sein können“ usw. - solche TikToks schwirren massenweise durchs Netz. Dabei sind die Verfasser:innen ganz normale Menschen ohne medizinischen Background. Kann man solchen TikToks trotzdem vertrauen? Psychologin Elke Prochazka checkt im Ö3-Wecker die Fakten.

In ihre Praxis kommen oft Menschen, die TikToks oder Instagram-Reels gesehen haben und dann vermuten, dass sie von einer psychischen Erkrankung oder Neurodivergenz wie Depressionen, ADHS oder Autismus betroffen sein könnten. Dass sie wegen dieser „Onlineratgeber“ da sind, sprechen sie dabei selten direkt an, aber im vertiefenden Gespräch wird dann klar, wie die Patient:innen auf die Idee gekommen sind.
Ob Jugendliche oder Erwachsene, vielen werden die Videos vorgeschlagen und so manch einer erkennt sich darin schnell wieder.

Selbstdiagnose durch TikTok?

Eine Selbstdiagnose ist zwar nicht möglich, aber erste Ideen können tatsächlich richtungsweisend sein. Allerdings ist es wichtig, dass die Quelle seriös ist - also zum Beispiel der Kanal einer richtigen Psychologin oder eines Experten auf dem Gebiet, meint Prochazka. Eine Diagnose kann es online aber nicht geben, die können nur die Profis stellen.

Wie erkennt man Expert:innen online?

Da hat die Psychologin einen recht simplen Tipp zu Beginn: einfach mal googlen. Oft kommen dann schon Seiten, auf denen man sieht, ob die Person eine Ausbildung hat, studiert hat oder in einer Praxis arbeitet.

Auch vertrauenswürdig können Menschen sein, die sagen: „Ich habe selber diese und jene Erkrankung, so geht es mir damit“. Wichtig ist aber, dass sie auch darauf hinweisen, dass professionelle Diagnostik und Hilfe gesucht werden soll und dass man nicht auf die TikToker alleine vertrauen soll.

Wenn aber jemand ohne Ausbildung einfach ein Video raushaut und sagt: „So, das sind die drei Diagnosekriterien - glaubt mir das!“, sollte man vorsichtig sein. So einfach ist’s nicht und von solchen Quellen sollte man die Finger lassen.

Kann man etwas falsch machen?

Wenn man aufgrund der Videos den Verdacht hat, dass man von einer Depression oder ähnlichem betroffen sein könnte, sollte man sich auf alle Fälle professionelle Hilfe holen. Denn selbst, wenn im Laufe der Gespräche dann herauskommt, dass „nix ist“, ist’s einem im Moment ja doch nicht gut gegangen und auch in solchen Fällen können die Profis helfen. Zum Beispiel durch „Gesund aus der Krise“ und andere Maßnahmen können Jugendliche kostenlos niederschwellig Angebote nutzen - falsch machen kann man da also nix!

Was können Eltern tun?

Oft sind die Eltern nicht die ersten Ansprechpersonen in der Pubertät, da darf man dann auch nicht böse sein, wenn sich die Kinder selber Hilfe holen. Man sollte die Probleme aber nicht abtun, meint Prochazka. Psychologische und therapeutische Unterstützung ist sehr teuer, es gibt aber einige Links, wo man um Hilfe ansuchen kann. Und was das Stigma rund um psychische Erkrankungen anbelangt, hat Elke Prochazka ebenfalls einen Tipp: „Es ist wie ein gebrochener Fuß - da holt man am besten einfach Unterstützung dazu!“

Wo kann man Hilfe bekommen?

„Gesund aus der Krise“:
Ziel von „Gesund aus der Krise“ ist, die psychosoziale Versorgung österreichweit, niederschwellig und ohne lange Wartezeiten anzubieten. Eine Hotline wird als zentrale Anlaufstelle eingerichtet, von der aus man an geeignete Beratungs- und Behandlungsstellen weiter verwiesen wird. Damit sollen betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis inklusive 21 Jahre (wieder) gestärkt werden.
Anmelden kann man sich telefonisch und online.

Ö3-Kummernummer:
Die Ö3-Kummernummer ist unter 116 123 aus allen Netzen zum Nulltarif erreichbar - absolut anonym, täglich von 16 bis 24 Uhr.

Rat auf Draht:
Rat auf Draht ist die österreichische Notrufnummer für Kinder & Jugendliche. Die 147 ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar.

Weitere hilfreiche Stellen:

Psychotherapeutische Erstauskunft

Clearingstelle

Für Student*innen

Hier kann man nach freien kostenfreien Kassentherapieplätzen suchen.

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„Mental Health“ ist auch in der aktuell laufenden Ö3-Jugendstudie ein großes Thema. Gefragt sind alle zwischen 16 und 25 - die Fragen beantworten können aber auch alle anderen, die sich dafür interessieren: Es geht um Meinungen, Gefühle, Wünsche und Perspektiven – einfach ums Leben...

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„Ö3-Wecker“ mit Robert Kratky, 28. April 2023