Telefon KI Betrug

Adobe Stock

Im Kommen: Anrufe mit geklonten Stimmen

  • eine Betroffene Ö3-Hörerin schildert ihre Geschichte
  • mit welchem Trick Sie Betrügerinnen und Betrügern das Handwerk legen können
  • wohin Sie sich im Falle des Falles wenden können

„Ich kann kaum reden, weil mein Mund ist voller Blut“, das ist das, was aus dem Telefonhörer von Ö3-Hörerin Edda gekommen ist. Am anderen Ende: die Stimme ihrer Tochter: „Sie hat gestammelt, aber in ihrer typischen Art und Weise, wenn sie hysterisch ist. (...) Ich hätte meine Hand ins Feuer gelegt, dass ich meine Tochter gehört habe.“, schildert uns Edda im Ö3-Interview.

Als die Stimme ihrer Tochter das Handy an einen Polizisten weitergibt, beginnt dieser plötzlich Daten wie ihre Adresse abzufragen. Das und der auffällige Akzent des Polizisten lassen bei ihr die Alarmglocken läuten. Als sie sich schließlich langsam aus den Fesseln ihrer Emotion löst, und beginnt, kritische Nachfragen zu stellen, endet das Gespräch plötzlich.
Und es stellt sich heraus, dass ihr Instinkt recht hat: am anderen Ende waren Betrügerinnen und Betrüger - ein kurzer Anruf bei ihrer Tochter zeigt nämlich, sie ist in Ordnung und war gar nie in einen Unfall verwickelt. Ihre Stimme wurde geklont.

Frau am Telefon

KNSY / Picture Press / picturedesk.com

3 Sekunden reichen, um Ihre Stimme zu klonen

Mit der rasanten Geschwindigkeit, in der sich die Tech-Branche und Künstliche Intelligenz gerade entwickelt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Betrugsmasche gang und gebe wird. Waren es vor wenigen Monaten noch fünf Sekunden Sprachfetzen, mit denen Sie eine KI trainieren mussten, um Stimmen von ihr imitieren zu lassen, so sind es jetzt nur mehr drei Sekunden, die notwendig sind, sagt etwa Microsoft.

„Gegengift“ gibt es derzeit noch keines, und es ist auch weiterhin keines in Sicht, zeigt die Ö3-Recherche: Sowohl Telekommunikationsanbieter, die Telekombehörde RTR als auch das Bundeskriminalamt arbeiten zwar an solchen Lösungen, sie alle sind doch aktuell (noch) nicht in der Lage, solche Anrufe abzufangen oder zumindest einen Warnhinweis auszuspielen, bei verdächtigen Anrufen.

Da es also technisch momentan keine Möglichkeiten gibt, von der KI (Künstliche Intelligenz) imitierte Stimmen von echten zu unterscheiden, kann das Bundeskriminalamt möglichen Opfern derzeit nur eines raten: Wachsam sein, sich nicht von der Emotion fesseln lassen, und: Vorfälle melden.

Der einzige Trick, der derzeit hilft

Eine Möglichkeit, bei der Betrügerinnen und Betrüger oft anstehen, die mit geklonten Stimmen arbeiten: persönliche Passwörter. Hier rät das Bundeskriminalamt zu einem Wort, einem Passwort, das so persönlich ist, dass es nirgends im Internet zu finden ist - auf das aber jede und jeder in der Familie die Antwort kennt, etwa: „Was hat Tante Gerti sonntags immer im Kaffeehaus bestellt?“ - ähnlich zu den Sicherheitsfragen für die Kontoabsicherung bei Email-Providern.
Der Fall von Ö3-Hörerin Edda zeigt: ein Kontrollanruf, eine Whatsapp-Nachricht an die der Person, die vermeintlich zu Ihnen spricht, bringt oft Licht ins Dunkel.

Künstliche Intelligenz

unsplash.com

Warum die Statistik aktuell null Fälle zeigt

Dass solche Betrügereien passieren, beobachten die europäischen Polizeibehörden koordiniert in ganz Europa. Beim Beobachten bleibt es einstweilen aber oft, denn: Wie die Ö3-Recherche zeigt finden sich in den Kriminalstatistiken sowohl des Bundeskriminialamtes aber auch der Telekombehörden kein einziger angezeigter Fall von Telefonbetrug durch geklonte Stimmen. (ausgenommen eines Satire-Telefonats mit dem Wiener Bürgermeister Ludwig, zu dem sich russische Komiker bekannt hatten)

Die Polizei ist sich bewusst, dass es zu solchen Betrugsversuchen kommt - jedoch: ohne Anzeige oder Meldung mit Hinweisen können die Ermittlerinnen und Ermittler ihre Arbeit erst gar nicht beginnen - deshalb der Appell: Melden Sie Verdachtsfälle.

Ein weiterer Grund, warum in den Büchern und Verzeichnissen noch keine offiziellen Fälle bekannt sind, ist, weil die Kriminalermittlerinnen und Kriminalermittler davon ausgehen, dass Täterinnen und Täter, die mit geklonten Stimmen arbeiten, ihre Opfer ganz gezielt aussuchen. Ein Betrugsversuch mit KI-geklonten Stimmen erfordere einen ganz anderen Aufwand, als Spam-Emails mit schadhaften Links zu verschicken: Täterinnen und Täter müssen sich erst in das Familienverhältnis ihrer Opfer und viele weitere Details des Zusammenlebens einarbeiten, wie etwa den Bewegungsradius.

Wohin Sie sich wenden können, im Falle des Falles

  • Die Telekombehörde RTR betreibt eine Stelle für Rufnummernmissbrauch, die sich auch um solche Fälle annimmt
  • Solche Betrugsversuche können Sie auch polizeilich anzeigen, bei jeder Polizeistelle österreichweit - im Akutfall können Sie sich auch an den Polizei-Notruf wenden, unter 133

„Der Ö3-Wecker“ mit Gabi Hiller & Philipp Hansa
am 20. November 2023
(MK)