Home-Sweet-Homeoffice: Tag 21
Sensi, nennen wir diese monatliche Veranstaltung beinahe schon zärtlich, weil wir es mögen, uns regelmäßig in großer Runde über aktuelle Neuigkeiten auszutauschen und gemeinsam längerfristige Programmstrategien anzudenken. Diesmal war es jedoch eine sehr außergewöhnliche Sensi, von einem fast leeren Konferenzraum, in dem nur das Team anwesend war, das sich gerade am Sender in Isolation befindet, per Videostream hinaus in die Home-Offices der überwiegenden Mehrheit der Ö3-Mitarbeiter.
Es war irgendwie spooky. Interaktion war nur über einen eigenen Chatroom möglich. Das hat echt keinen Witz. Originelle Kommentare, die sonst vor Ort bei versammelter Menge stets für allgemeine Heiterkeit sorgen, versanden auf digitalem Weg dermaßen, dass man am liebsten in den Keller lachen gehen würde. Wäre ja nur ein Katzensprung vom Home-Office.
Apropos. Ich muss kurz abschweifen. Es gibt nämlich Breaking Good News in eigener Sache. Die Millionenmetropole Shenzhen verbietet ab sofort den Verzehr von Katzen und Hunden. Wir können also künftig mit unserer Cleo unbesorgt nach China reisen, ohne dass uns der Reis geht.
Zurück zur Ö3-Sendersitzung. Natürlich plaudere ich hier keine Interna aus, aber eine Neuigkeit muss ich jetzt schon ganz aktuell los werden. Heute Abend eröffnen wir „Die Treffpunkt Österreich Konzertbühne“, eine neue Musiksendung auf Ö3, in der wir fünf Mal die Woche, jeweils um 22.00 Uhr, ausschließlich junge, coole Popmusik aus Österreich spielen. Von Möwe bis Wild Culture, von Avec bis Lisa Pac, von Lou Asril bis Wenzel Beck.
Vor allem junge Acts, die gerade am Beginn ihrer Karriere stehen, sind durch die Schließung aller Lokale, Clubs und Kulturzentren quasi über Nacht um die Möglichkeit gebracht worden, sich live in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Etablierte Acts natürlich auch, aber um Pizzera & Jaus oder Seiler und Speer, die jederzeit locker die Wiener Stadthalle füllen, muss man sich jetzt nicht allzu große finanzielle Sorgen machen, obwohl die natürlich auch leiden.
Die Tantiemen, die die jungen Musiker nun über vermehrtes Airplay auf Ö3 bekommen, sind zwar kein Ersatz für die entfallenen Gagen und können ihre Rechnungen im täglichen Leben nicht bezahlen, aber vielleicht die Not zumindest ein kleines bisschen lindern. Es geht nämlich bei den meisten Künstlern um nicht mehr und nicht weniger als um ihre Existenz. Und somit bin auch ich als Fan ihrer Musik indirekt gefährdet. Es droht ein Leben in Stille. Dagegen muss man laut aufschreien.
Wenn diese Scheiß-Krise vorbei ist, ist unser aller Support aber erst recht gefragt. Ich für meinen Teil werde an jedem Abend mindestens drei Konzerte besuchen. Ich werde mich nicht auf eine Gästeliste setzen lassen, sondern mir Karten an der Abendkassa kaufen. Wir müssen dann Feiern um jeden Preis. Das werden harte Zeiten. Aber ich bin bereit. Die Tür vom Home-Office mache ich von außen zu. Und falls ich jemals wieder von diesem Trip zurückkommen sollte, wird es mir gehen wie Wilhelm Busch: „Das Schlüsselloch wird leicht vermißt, wenn man es sucht, wo es nicht ist.“
Der vorige Blog-Eintrag zum Nachlesen:
Home-Sweet-Homeoffice: Tag 18
Aus der Ö3-Musikredaktion...
Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt.
Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.
(CS)