Taylor Swift

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Taylor Swift – Lyrik aus dem Boxhandschuh

Knockout Joe Alwyn nach 16 Songs. Taylor Swift zerstört auf ihrem neuen Album „The Tortured Poets Department“ ihren Ex-Freund am Boden, nach allen Regeln der lyrischen Kunst. Die Musik erschließt sich erst nach mehrmaligem Hören. Die brutale Poesie hingegen ist ein Meisterwerk. Taylor Swift ist am Höhepunkt ihres Schaffens angelangt.

Ich bin nicht Patti Smith, singt sie im Titeltrack. Und allein diese Textzeile macht den größten Popstar der Welt gleich auf Anhieb mega-sympathisch. Da weiß sich jemand gut zu benehmen im popkulturellen Kontext. Auch weil sie dem Album ein Gedicht von Stevie Nicks beigelegt hat. Dabei hätte Taylor Swift allen Grund zum Größenwahn. Mit diesem Album wird sie garantiert wieder jede Menge Rekorde brechen.

Mitten in der größten und erfolgreichsten Stadiontournee, die die Welt je gesehen hat, ein neues Album rauszuhauen, kann man machen, muss man aber nicht. Man könnte diesen globalen Triumphzug einfach auch genießen und sich danach ein paar Jahre lang auf seinen wohlverdienten Lorbeeren ausruhen. Aber so tickt Taylor Swift nun mal nicht. Bei ihr muss man immer das Unerwartete erwarten.

Und daher thematisiert Taylor Swift in dem Song „I can do it with a Broken Heart” auch ihre emotionale Zerrissenheit, die sie zu Beginn der „Eras Tour“, wenige Wochen nach der Trennung von Joe Alwyn, durchlitten hat. Auf der Bühne musste sie die strahlende Entertainerin geben, obwohl ihr innerlich zum Weinen zumute war: „Breaking down I hit the floor, all the pieces of me shattered as the crowd was chanting more!"

Damit es ihr heute gut gehen kann, muss Taylor Swift immer zuerst die Vergangenheit aufgearbeitet haben. Sie mag klare Schlussstriche. Und die zieht sie am liebsten in Form von Breakup-Alben. Harry Styles oder Calvin Harris könnten aus eigener Erfahrung Lieder darüber singen. Joe Alwyn, ihr aktuelles Opfer, kann das momentan eher nicht, weil es dem britischen Schauspieler, mit dem die Sängerin sechs Jahre lang liiert war, nach Durchhören des Albums wahrscheinlich für längere Zeit die Sprache verschlagen hat. Vielleicht dreht er ja als nächstes einen Stummfilm.

Taylor Swift

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Matt Healy, der Sänger von The 1975, und die Affäre nach Joe Alwyn, kriegt auch ordentlich sein Fett ab. Er ist jetzt in den Augen von Millionen Swifties der kleinste Mann, der je gelebt hat. In „The smallest Man who ever lived“ wirft Taylor Swift dem feigen Lügner vor, dass er sie betrogen und ihr Herz gebrochen hat. Ich werde dich vergessen, dir aber nie verzeihen, singt sie in schonungsloser Offenheit, zutiefst verletzt. Wehe dem, den der Zorn der Popgöttin trifft.

Aus dem Album, dessen Titel als Referenz auf Joe Alwyns Whatsapp-Gruppe „The Tortured Men Club” interpretiert wird, ist mit dem zwei Stunden später veröffentlichten Album „The Anthology“ mittlerweile ein Doppelalbum geworden. Insgesamt 31 Songs, die Taylor Swift in Summe als ihren Rettungsanker bezeichnet, der sie daran erinnert, warum Songwriting so wichtig für sie ist: „Diese Autorin ist der festen Überzeugung, dass unsere Tränen in Form von Tinte auf einem Blatt heilig werden.“

Ein Banger wie zuletzt „Anti-Hero“ erschließt sich beim ersten Hören des Albums nicht gleich. Dafür poppen mit der Zeit immer mehr Songs auf, die einfach gut zu hören sind. Albumtracks im besten Sinne, verbunden mit einer Geschichtenerzählung, die tiefe Einblicke in das Innenleben des momentan größten Popstars der Welt gewährt. Jetzt gerade geht es ihr mit ihrem Freund Travis Kelce offenbar ziemlich gut. Dem Football-Star ist zu wünschen, dass diese Liebe bis zum Songwriting von Taylor Swifts nächstem Album anhält. Und uns irgendwie auch. Ein astreines Love-Album wäre echt einmal eine schöne Abwechslung.

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Song Contest
Clemens Stadlbauer

Milenko Badzic

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer

Aus der Ö3-Musikredaktion...

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer berichtet hier regelmäßig über aktuelle Trends und News aus der Musikwelt. Neben seiner Arbeit bei Ö3 hat er fünf Bücher veröffentlicht, darunter den Bestseller „Quotenkiller“. Stadlbauer ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Dieser Beitrag begleitet die Sendung „Ö3-Wecker“, 19. April 2024