Stadlbauers Song-Contest-Blog: Stockholm, Tag 1

Zwei Möglichkeiten: Entweder ich gehe jetzt dann gleich rüber zum Stockholmer Magistrat und melde hier einen Zweitwohnsitz an. Oder ich steige nächstes Jahr aus der Song-Contest-Berichterstattung aus. Denn die Schweden haben auch heuer wieder den stärksten Song am Start.

„Ö3-Wecker“ mit Philipp Hansa, 9. Mai 2016

Schön langsam fragt man sich echt, wozu Schweden die anderen 41 Nationen überhaupt noch braucht. Den ganzen Aufwand könnte man sich locker schenken. Es ginge so viel einfacher: Mans Zelmerlöw moderiert, Loreen trällert eine Showeinlage, irgendwer von ABBA spricht bedeutungsvolle Worte, Frans singt, Avicii legt während des Telefonvotings auf, Frans gewinnt, Kronprinzessin Victoria überreicht ihm die Trophäe, alle Schweden sind glücklich und freuen sich auf den Song Contest nächstes Jahr in Schweden.

Mit dem relaxten Deep-House-Tune „If I Were Sorry“ hat der 17-jährige Frans jedenfalls den größten Airplay-Hit in petto. Den werden alle großen europäischen Radiostationen nach dem Song Contest auf und ab spielen. So klingt zeitgemäßer Pop 2016. Ob Frans damit dann auch tatsächlich den Bewerb gewinnen wird, kann man natürlich nicht hundertpro voraussagen. Bei den Wettquoten liegt er momentan auf Platz 4. Hinter dem überschätzten Russen, hinter dem zurecht hochgeschätzten Franzosen und hinter der erstaunlicherweise als unpolitisch eingeschätzten Ukrainerin.

Die Sonne als größter Showeffekt

Auch die Sonne strahlt hier mit den aussichtsreichsten Kandidaten um die Wette. Außer Konkurrenz zwar, aber egal wo man dieser Tage in Stockholm hingeht - in den Fußgängerzonen, Straßencafes, in den Parks, an den Kaimauern im Hafen -, überall regnet es viel Applaus von gut gelaunten Menschen für diesen engagierten Auftritt mit größtmöglichem Showeffekt: Einheimische sprechen bereits vom frühsten Hochsommer aller Zeiten.

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer in der Globen Arena

Clemens Stadlbauer

Erster Blick in die Globen Arena

Das ideale Wetter für ein Kickerl. Womit wir wieder bei Frans wären. Ohne ihn noch persönlich zu kennen - ich hoffe, ich kriege diese Woche ein Interview mit ihm -, ist er mir schon sympathisch. Als siebenjähriger Knabe hat er anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 den Track „Who’s Da Man“ aufgenommen, einen Lobgesang auf Superstar Zlatan Ibrahimovic.

Der geniale schwedische Fußballphilosoph Zlatan Ibrahimovic („Der Zwerg und ich reichen vollkommen“ – so seine präzise Analyse des Kaders vom FC Barcelona, wo er mit Lionel Messi gespielt hat), der ja momentan noch bei Paris St. Germain aktiv ist („Wenn die Franzosen den Eiffelturm gegen eine gleich große Statue von Zlatan Ibrahimovic austauschen, bleibe ich, versprochen“), ist ja der Gesangeskunst auch nicht ganz abgeneigt - für drei Millionen Streams seiner gewöhnungsbedürftigen Interpretation der schwedischen Nationalhymne hat er 2015 sogar eine Goldene Schallplatte bekommen.

Ö3-Reporter Clemens Stadlbauer und Amir

Milenko Badzic

Einer der Topfavoriten beim Ö3-Interview: Amir

Von weißen Haien und Menschen

Eine Teilnahme beim Eurovision Song Contest, der ja so etwas wie die Fußballeuropameisterschaft der Schwulen ist, würde Zlatan Ibrahimovic wahrscheinlich eher weniger reizen. Auf die Frage einer spanischen TV-Reporterin nach seiner sexuellen Orientierung antwortete er nämlich: „Komm mit deiner Schwester in mein Haus, dann siehst du, ob ich schwul bin.“ Der Stürmer geht also auch rhetorisch gerne in die Offensive. Blöderweise schießt er sich damit aber oft selber ins Out. Andererseits ist Zlatan Ibrahimovic auch nur ein Mensch - „so wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist“.

Ich bin auch nur ein Mensch. Ein Song-Contest-Blog-Schreiberling. So wie ein Literaturnobelpreisträger auch nur ein Schreiberling ist. Am Weg zum Magistrat könnte ich ja kurz bei der Nobelpreis-Akademie vorbeischauen und diesen Text einreichen. Um das Preisgeld in der Höhe von acht Millionen Schwedischen Kronen würde ich mir Bier kaufen. Bei den exorbitanten Preisen, die die Swedish (Brau-)House Mafia hier diktiert, sollte damit zumindest ein kleiner Schwips drinnen sein. Ich kann mich leider nur wiederholen. Zitat Song-Contest-Blog-Schreiberling, Malmö 2013: „Wie soll man hier, bitteschön, bei diesen Bierpreisen vernünftig arbeiten?“ Eben. Schluss. Aus.

Zoe im Wettkampfmodus:

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Amir live - eine Wucht

Ach ja. Anbei doch noch ein kleines Video von der Party der Holländer in einem kleinen Rockclub. Da ist auch der Franzose Amir aufgetreten. Mit einem Cover von Michel Fugains „Une belle Histoire“. Der Typ hat Bühnenpräsenz und Ausstrahlung, finde ich.

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Song Contest
Clemens Stadlbauer

Milenko Badzic

Clemens Stadlbauer

Unser Mann in Stockholm

Egal wo der Song-Contest-Zirkus Station macht - Ö3-Musikreporter Clemens Stadlbauer ist live dabei. Er berichtet nicht nur von den Shows, sondern lässt auch keine Probe, keine Fanevent und keine noch so kleine Pressekonferenz aus, um den Song-Contest-Wahnsinn so authentisch wie möglich ins Radio zu bringen. Was er dabei erlebt, schreibt er sich in seinem täglichen Song-Contest-Blog von der Seele. Eine Therapie, die unterhält.

Clemens Stadlbauers Erlebnisse am Tag 6 in Stockholm
Clemens Stadlbauers Erlebnisse am Tag 5 in Stockholm
Clemens Stadlbauers Erlebnisse am Tag 4 in Stockholm
Clemens Stadlbauers Erlebnisse am Tag 3 in Stockholm
Clemens Stadlbauers Erlebnisse beim 1. Halbfinale
Clemens Stadlbauers Erlebnisse am Tag 2 in Stockholm

Der Countdown zum Song Contest - Live

Bevor am Samstag um 21 Uhr (ORF eins) Zoe ins große Finale zieht, widmen wir die zwei Stunden von 19 bis 21 Uhr ganz dem größten TV-Event Europas und senden einen ganz speziellen Countdown. Moderiert wird die Sondersendung von Benny Hörtnagl.